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Veränderte Witterungsbedingungen

Vom Wetter geplagtes Obst

Die Witterung hatte schon immer Einfluss darauf, wie stark Pilzkrankheiten, Viren, Bakterien und Schädlinge den Obstgehölzen zusetzen. Sie wirkt aber auch direkt auf Früchte und Bäume. Infolge des Klimawandels führen Wetterextreme und veränderte Witterungsbedingungen immer häufiger zu Schäden im Obstanbau.

von Hubert Siegler, B ayerische Gartenakademie erschienen am 05.06.2024
Sonnenbrand und Hitze haben den Früchten der Süßkirsche ‘Skeena’ zugesetzt © Hubert Siegler
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Insbesondere in Süddeutschland und damit auch in vielen Teilen Baden-Württembergs ist die Wahrscheinlichkeit für Minusgrade nach Beginn von Kirsch- und Apfelblüte gestiegen. Das hängt vor allem damit zusammen, dass die Obstbäume durch den Einfluss des Klimawandels oft erheblich früher austreiben – dieses Jahr sogar vier Wochen früher als sonst.

Daher fallen sensible phänologische Stadien wie Austrieb und vor allem die Blüte zusammen mit den Phasen, in denen Spätfröste vorkommen. Bereits geschlossene (Blüten-) knospen können Schaden nehmen und folglich nicht mehr austreiben beziehungsweise blühen, weil Stempel und Fruchtknoten zerstört sind. Das betrifft besonders Steinobst. Zu den sichtbaren Frostschäden zählen verbräunte Blütenblätter sowie schwarze, welk und schlapp hängende Austriebe an Rebstöcken, Kiwis oder Walnüssen. Beide Symptome reduzieren den Behang erheblich, was sich in Jahren mit schwacher Blüte besonders fatal auswirkt und Alternanz auslöst oder verstärkt.

Auch an jungen Trieben und Blättern können Frostschäden auftreten. Sie stellen eine vorübergehende Schwächung dar, die die Pflanze schnell durch neue Blattbildung behebt.

Frostschäden an Früchten

Fruchtschäden durch Einwirkung tiefer Temperaturen und Frost können bereits an den sehr kleinen, erbsengroßen Früchten aller Obstarten entstehen. Typische Anzeichen sind Berostungen und sogenannte Frostzungen auf der Schale bis hin zu ganzen Frostringen. Diese Ringe aus eingesunkenen, verkorkten Schalenpartien ziehen sich ringförmig um die Frucht und kommen vor allem auf der nach außen gewandten Fruchtseite vor. Das Verrieseln von Johannisbeeren und Tafeltrauben, wo Teile der Traube ohne Beeren besetzt sind, kann neben dem Sorteneinfluss auch der kalten Witterung zugeschrieben werden.

Frostzungen an diesen Äpfeln und Birnen weisen auf einen vorausgegangenen Frostschaden hin
Frostzungen an diesen Äpfeln und Birnen weisen auf einen vorausgegangenen Frostschaden hin © Hubert Siegler

Bei tiefen Temperaturen sind außerdem die Bestäuber, insbesondere Honigbienen, weniger aktiv. Eine schlechte Befruchtung und längere Phasen kühler oder bewölkter Witterung können dann dazu führen, dass die Samenanlagen in jungen, erbsen- bis haselnussgroßen Früchten im Mai nur teilweise ausgebildet werden. Dies tritt unter anderem bei Erdbeeren und Kernobst auf. In der Folge wachsen nicht nur die Früchte ungleich und unsymmetrisch; es kann auch zu einem erhöhten Fruchtfall kommen. Bei manchen Zwetschgensorten treten zudem gebrochene Steine auf.

Abstrahlende Wärme hilft

Der Standort mit seinem Mikroklima hat großen Einfluss, denn bereits Zehntelgrade sind bei Frösten je nach Fortschritt der Blüte entscheidend. Besteht in der Blühphase nächtliche Frostgefahr, lassen sich Beerenobst, Spaliere, Säulenobst oder kleinere Spindelbäume durch Einhüllen mit Vliesen, Folien oder Gewebeauflagen – z.B. Bettlaken – schützen. Zur Bestäubung werden diese Materialien tagsüber entfernt. Droht zur Erdbeerblüte Frost, wird die zu diesem Zeitpunkt empfohlene Stroheinlage verschoben.

Wandspaliere profitieren nachts von der abstrahlenden Wärme der Gebäude oder Mauern. Auch offene, mulchfreie Böden, kurz gemähte Grasflächen und feuchte Böden geben in der Nacht die Wärme ab, die sie tagsüber gespeichert haben.

Wandspaliere profitieren von der abstrahlenden Wärme der Mauer. Der zusätzliche Schutz hält die Wärme noch besser
Wandspaliere profitieren von der abstrahlenden Wärme der Mauer. Der zusätzliche Schutz hält die Wärme noch besser © Hubert Siegler

Langfristig gefährliche Stammschäden

Frostschäden an Stämmen durch längs aufgerissene Rindenpartien entstehen vor allem am Ende des Winters. Nach Warmphasen im Januar oder Anfang Februar setzt der Saftanstieg frühzeitig ein. Treten anschließend (längere) Kälteperioden auf, können in Kombination mit den sich in der Sonne aufheizenden Südseiten der Baumstämme Spannungsrisse entstehen. Hierfür reichen schon –6 °C bis –7 °C aus.

Vitale Bäume können diese Wunden meist verheilen, wenn die Risse nicht zu groß sind. Allerdings sind auch kleinere Risse Eintrittspforten für Viren, Bakterien, Schadpilze und Blutläuse oder auch Auslöser für Gummifluss. Diese sekundären Schäden werden zunächst gar nicht oder zu spät erkannt. Das Problem: Sie können nicht bekämpft werden.

Frostrisse können Eintrittspforten für Krankheiten sein. Daher sollte man sie vermeiden und bei Auftreten umbinden, damit sie schneller verheilen
Frostrisse können Eintrittspforten für Krankheiten sein. Daher sollte man sie vermeiden und bei Auftreten umbinden, damit sie schneller verheilen © Hubert Siegler

Daher sind vorbeugende Maßnahmen wie das Weißeln der Stämme unabdingbar – am besten mit wetterfesten Anstrichen, die mehrjährigen Schutz bieten. Die weiße Schicht bewahrt zugleich die Rinde mit dem Kambium vor Sonnenbrand im Sommer. Alternativ kommen Lehmanstriche zum Einsatz, die bei den zunehmend nasseren Wintermonaten jedoch nicht bis zum Sommer haften bleiben und jährlich erneuert werden müssen. Oft werden als Alternative auch Schilf- und andere Schutzmatten angelegt. Hier besteht die Gefahr, dass sich Schaderreger am Stamm ausbreiten, die – derartig geschützt – nicht oder zu spät erkannt werden.

Wichtig ist es, rechtzeitig zu handeln: Wenn Sie frisch entstandene Frostrisse entdecken, umbinden Sie den geschädigten Stammbereich sofort mit Schnüren. So fördern Sie das Zusammenwachsen und Verheilen der ansonsten weiter aufreißenden und somit austrocknenden Wunde.

Hagel schädigt Früchte und Gehölze gleichermaßen. Hagelwunden sind ebenfalls Eintrittspforten für Bakterien, Viren und Pilze, die sekundär stärkere Schäden bis zu totalen Ausfällen der Gehölze verursachen. Kleinere Gehölze können mit engmaschigen Schutznetzen gegen Hagelschäden gesichert werden. Es genügt, diese nur bei entsprechenden Vorhersagen aufzulegen.

Hitze und verstärkte UV-Strahlung

Trat Sonnenbrand an Früchten früher „nur“ bei Stachelbeeren auf, so finden wir ihn heute an fast allen Obstarten. Sonnenbrand äußert sich an der nicht von Blättern bedeckten Sonnenseite der Früchte durch:

  • trocken-faule Nekrosen,
  • eingesunkenes Fruchtfleisch oder
  • Aufhellungen der Fruchtschale bis hin zu „Dörrobst“ am Baum.

Liegen Fruchtschäden nur an der Südseite des Gehölzes vor, nicht jedoch an den sonnenabgewandten Bereichen, dann ist dies die Folge der extremen Einstrahlung. Befallen sind nicht nur exponierte Früchte von kleinkronigen, als Spindel oder Spalier erzogenen Bäumen. Auch Beeren- und Wildobstarten können betroffen sein. So wird z.B. ein Sonnenbrand an Holunderdolden oft mit der von Pilzen verursachten Doldenwelke verwechselt. Ein Sommerschnitt darf daher nur verhalten und bei vorhergesagter Bewölkung stattfinden.

Sehr hohe Sommertemperaturen im vorangegangenen Jahr lösen Doppelfrüchte beziehungsweise Fruchtzwillinge an Himbeeren, Zwetschgen und Kirschen aus. Lang anhaltende Hitzeperioden im Hochsommer führen zu dieser Anomalie während der Blütenbildung für das Folgejahr.

Extreme Hitze und Einstrahlung verursachen nicht nur Schäden an Früchten, sondern auch an Stämmen und Ästen. Besonders Hochstämme ohne hängendes – in diesem Fall schützendes – Holz in südexponierter Lage sind betroffen. Hier können Temperaturen bis fast 50 °C einwirken und das Kambium zerstören. Diese „inneren“ Schädigungen des grünen Gewebes unter der Rinde bleiben zunächst unsichtbar. Später aber platzen betroffene Stellen auf und ziehen Infektionen wie den Rindenbrand nach sich.

Durch immer wärmere Herbst- und Frühwintermonate sinkt die Lagerfähigkeit des Obstes, das durch die Witterungsänderungen zunehmend gestresst ist. Gleichzeitig heizen sich die üblichen Lagerräume des Freizeitgartens wie Gartenhäuser, Schuppen und Garagen mehr auf. Lüften Sie am besten nachts, um Kühle hineinzubringen und ethylenreiche Lagerluft entweichen zu lassen.

Lange Trockenphasen zur Fruchtreife verschärfen wiederum Fraßschäden durch Vögel, die die Früchte anpicken, weil sie kein Wasser vorfinden. Wassertränken können diese Ausfälle mindern.

Vitale Bäume halten besser durch

Der Klimawandel verstärkt vor allem in Trockengebieten und auf schlechten Standorten den Stress der Gehölze. Besonders betroffen sind vergreiste oder geschwächte, nicht mehr vitale Bäume. Daher lohnt es sich, sie mithilfe verschiedener Maßnahmen möglichst vital zu erhalten. Nur dann sind die Gehölze in der Lage, überhaupt und besser den extremen Klimaeinflüssen zu widerstehen. Zu den vitalitätserhaltenden Maßnahmen gehören:

Bewuchsfreie und gemulchte Baumscheiben sind wichtiger denn je. Hubert Siegler
  • Ein jährlicher Gehölzschnitt,
  • bewuchsfreie Baumscheiben, die mit Kompost und/oder verrottetem Stallmist gedüngt werden,
  • das Entfernen der zunehmenden Misteln.

Das wiederholte Mulchen der Baumscheiben ab April in dünnen Schichten mit angewelktem Grasschnitt hält den Boden feucht und gar. Ab September wird bis dahin nicht verrotteter Grasmulch zusammen mit dem Fallobst entfernt, um Mäuse nicht anzulocken. Dauerhafte Materialien wie Holzhäcksel und Rindenmulch üben dagegen eine anziehende Wirkung auf die Nager aus.

Massiver Fruchtbehang bedeutet Stress für Obstbäume. Eine frühzeitige Fruchtausdünnung sorgt für Entlastung. An älteren Hochstämmen ist diese Behangregulierung hingegen kaum möglich oder zumindest nur umständlich durchführbar. Hier könnte nach einem schwachen Vorjahresertrag mit folglich erhöhter Blütenknospenbildung der Fruchtholzschnitt im Frühjahr intensiver erfolgen.

Warum steigt das Schadfrostrisiko?

Der Deutsche Wetterdienst ist dieser Frage nachgegangen. Demnach hat zwar die Anzahl der Frosttage abgenommen, wodurch Spätfröste seltener geworden sind. Jedoch beginnt die Obstblüte immer früher: Sie setzt alle zehn Jahre rund fünf Tage früher ein. Die Apfelblüte begann früher im Süden Deutschlands meist Anfang/Mitte Mai. Inzwischen öffnen sich die Blüten schon im April.

Die Wahrscheinlichkeit für Nachtfröste unter -2 °C nach dem 10. April ist von 55 % (1961-1990) auf 40 % (1991-2020) gesunken; nach dem 25. April sogar von 22 % auf 7 %. Dennoch ist das Schadfrostrisiko bei Süßkirschen im gleichen Zeitraum von 19 % auf 27 % gestiegen. Bei Äpfeln stieg das Risiko von unter 5 % auf 10 bis 15 %. Beim Weinanbau wird ein ähnlicher Trend beobachtet. Besonders spätfrostgefährdet ist der Südwesten, da hier auch die Blüte am frühesten einsetzt.

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