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Ingo Ehrenfeld aus Hardthausen an der Kocher

Der Minikiwi-Pionier

Nur selten ist sie in Gärten zu finden. Kaum jemand weiß, wie sie schmeckt, die Minikiwi. Obstbauer Ingo Ehrenfeld betrat Neuland, als er 2009 die ersten Minikiwis pflanzte. Seitdem halten ihn die kleinen Beeren auf Trab.

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1 Der Unterwuchs unter den Minikiwis darf nicht zu hoch wachsen. Sonst können Schäden an den Früchten entstehen
1 Der Unterwuchs unter den Minikiwis darf nicht zu hoch wachsen. Sonst können Schäden an den Früchten entstehen
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Auf die ungewöhnliche Idee, Minikiwis ( Actinidia arguta ) anzubauen, stieß Ingo Ehrenfeld während seines Gartenbaustudiums. In den hochschuleigenen Lehr- und Versuchsgärten fand er an einer Hecke ein paar als Sichtschutz gepflanzte Minikiwis. Die Beeren schmeckten ihm und bald war er sicher, eine lohnenswerte Nische gefunden zu haben, in der er als Obstbauer durchstarten kann. Da es keinen Beratungsdienst gab und gibt, startete Ehrenfeld auf eigene Faust mit dem Experiment „Minikiwi-Anbau". 1,5 ha Minikiwis der Sorten ‘Weiki’ und ‘Julia’ pflanzte er 2009 auf dem Familienbetrieb in Hardthausen. Bald erweiterte er auf 10 ha. Wie sich herausstellte, eignete sich ‘Julia’ mit ihren kleinen Früchten nicht für den Anbau im großen Stil. ‘Weiki’ dagegen trägt reichlich und zuverlässig, wenn sie nicht erfriert.

Spätfrostempfindliche Exoten

Wie die bekannte großfruchtige Kiwi gehören Minikiwis zu den Strahlengriffelgewächsen. Ihre wilden Verwandten klettern in Wäldern an Bäumen hoch. Als Frühblüher nutzen sie die Zeit, bevor das Blätterdach des Waldes voll ausgeprägt ist. Deshalb treiben sie meist schon Mitte März bei den ersten Sonnenstrahlen. So kommt es, dass Minikiwis zwar Fröste bis –20 °C gut überstehen, aber sehr anfällig für Spätfröste sind. Die Exoten genießen bei Ingo Ehrenfeld Südlage. Da Minikiwis zweihäusig sind, ergänzt alle neun Pflanzen ein männlichs Exemplar die Damenriege.

Zwei Mal jährlich wird das Laub zurückgeschnitten: Etwa zwei Wochen nach der Blüte, damit die Früchte ein bisschen größer werden und nach Bedarf, damit die Ruten nicht ineinander wachsen. Bei bis zu 7 m Längenwachstum im Jahr kann es sonst schnell passieren, dass die Zeilen über der Fahrgasse zusammenwachsen. Nach der Pflanzung dauert es vier bis fünf Jahre, bis die Minikiwis in den vollen Ertrag gehen. Während der Vegetationsruhe schneidet Ehrenfeld die Ruten und tauscht zwei bis drei der ältesten Ruten zur Verjüngung aus. Jeder Minikiwi bleiben acht Ruten, die an Drähten festgebunden werden.

Minikiwis mögen leicht saure Böden. Sonst sind sie recht anspruchslos. „Nur wenn der Boden zu arg kalkhaltig ist, bekommen sie gelbe Blattverfärbungen", erklärt Ehrenfeld. Der Obstbauer wollte den Exoten etwas Gutes tun, indem er sie in seine wärmste Lage am Südhang pflanzte. „Heute weiß ich, dass der Nordhang besser wäre, weil sie dann später austreiben", berichtet er. Am Südhang sorgen die spätfrostempfindlichen Pflanzen jedenfalls für Schlafmangel. An austreibenden Minikiwis können bereits ab 0 °C Frostschäden entstehen. Im kalten Winter 2020/2021 setzte Ehrenfeld deshalb in zwölf Nächten die Frostschutzberegnung in Gang. Trotzdem konnte er nur 80 % der zukünftigen Ernte retten. „Bei der Minikiwi gibt es nur Vollgas oder gar nicht. Entweder sie wächst oder sie stirbt ab", macht der Obstbauer deutlich. Er habe jeden Fehler gemacht, den man so machen kann, stellt er rückblickend fest. Vielleicht ist er gerade dieser Erfahrung wegen ein gefragter Fachmann unter Kollegen und Kolleginnen.

Ohne Beregnung läuft nichts

Nicht nur bei Frost, sondern auch im Sommer wollen die Minikiwis beregnet werden. Wie praktisch, dass der Biobetrieb Ehrenfeld direkt an der Kocher liegt, wo er Wasser entnehmen darf. Vor allem, wenn es nach dem Hacken heiß wird, brauchen die Pflanzen Wasser. Denn bei der Bodenbearbeitung nimmt man den Flachwurzlern einiges an Wurzelmasse. Mit der Zeit hätten sich die Minikiwis daran gewöhnt. Früher war Ehrenfeld vorsichtiger. Inzwischen hackt er nach dem Motto „Augen zu und durch". „Die Pflanze, die es überlebt, überlebt es. Und die, die es nicht überlebt, überlebt es nicht", fasst er zusammen.

Anfang Juni öffnen sich die Blüten der Minikiwis an den diesjährigen Trieben. Die Früchte reifen im September und Oktober und werden leicht unreif in Handarbeit gepflückt. Im Kühlhaus lagern die Beeren bei 0 °C maximal zwei Monate lang, bis sie verkauft werden. Pro Hektar sollten die etwa 4.000 Pflanzen an die 10 t Früchte liefern, wenn alles gut geht. Im Optimalfall tragen sie dann auch etwa so lang wie ein Weinstock, nämlich 50 Jahre. Bisher erntete Ehrenfeld je nach Jahr insgesamt zwischen 20 und 80 t Minikiwis. Für den Verkauf im Einzelhandel müssen die Früchte unreif ausgeliefert werden. Dann schmecken sie noch nicht so gut, nehmen aber weniger Schaden. Zum Glück reifen Minikiwis auch beim Kunden noch nach. Neben einen Apfel gelegt, sind sie innerhalb von sieben Tagen genießbar.

Preisgekrönte Kreationen

Aus den Früchten, die sich nicht für den Verkauf eignen, wird Saft gepresst. Daraus entstehen Minikiwibrand und der „Smookili" – ein Smoothie-Minikiwi-Likör, der vom Württembergischen Brennerverband mit der Silbernen Preismünze ausgezeichnet wurde. Aufgewärmt war die Glühweinalternative ein richtiger Renner auf Weihnachtsmärkten. Zusammen mit Lennart Geist, einem preisgekrönten Barkeeper aus Karlsruhe, hat der Obstbauer auch schon Sommerdrinks mit Minikiwi-Likör entwickelt. Doch die Corona-Pandemie legte die Bemühungen, in der Barszene Fuß zu fassen, vorerst auf Eis.

Seit 2021 stellen obendrein die Minikiwis den Obstbauern auf eine harte Probe. Fast ein dreiviertel Hektar der Rankepflanzen gingen nach und nach zu Grunde. Die Ursache: unbekannt. Möglicherweise sind bei den wechselhaften Temperaturen im Winter die Stämme geplatzt. „Die Minikiwi ist für mich die Frau unter den Obstsorten. Ich verstehe sie einfach nicht", gibt sich Ehrenfeld geschlagen. Doch ans Aufgeben denkt er nicht.

Im Gegenteil: Er hat schon neue Ideen. Zur Zeit werden die Eventgastronomie am Hof und der Hofladen ausgebaut. Die Besucher können dann vor Ort Minikiwi-Leckereien wie Eis, Saft oder Brand probieren. Das Hofladensortiment will Ehrenfeld richtig groß aufziehen – mit Obst und Gemüse, Eiern, Metzgerei- und Milchprodukten sowie Backwaren von Betrieben aus der Umgebung. Er hofft, dass der Laden von der Lage am Kocher-Jagsttal-Radweg profitieren wird. Neben einer hauseigenen Brennerei steht zudem ein Energy Drink aus Minikiwisaft in den Startlöchern. Auf das Jahr 2022 blickt Ehrenfeld deshalb mit Vorfreude aber auch mit Respekt.

Ungespritzte Vitaminpakete

Die Früchte der auch als Kiwibeere, Babykiwi, Kiwiberry oder Beerenkiwi bezeichneten Rankepflanze schmecken wie große Kiwis und können mit Schale verzehrt werden. Die etwa 2 bis 3 cm großen, in der Reife oft rötlichen Beeren enthalten sehr viel Vitamin C und E und andere Nährstoffe (siehe Obst&Garten 11/2021). Gesund sind Ehrenfelds Bio-Kiwibeeren auch, weil sie nicht sehr krankheitsanfällig sind. „Man muss sie nicht spritzen. Wir behandeln sie gar nicht", sagt der Obstbauer. Er verzichtet auf sämtliche Pflanzenschutzmittel – sogar auf die im Biolandbau zugelassenen. Die Kultur vertrage Herbizide ohnehin nicht besonders gut. Außerdem gebe es schlichtweg keine Empfehlungen für den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Minikiwis. „Also spritze ich lieber gar nicht. Das hat auch seine Wertigkeit. Null Pflanzenschutz finde ich schon geil", erklärt Ehrenfeld. Lediglich die Kirschessigfliege kann die Ernte bedrohen. Gegen diesen Befall können die Früchte leicht unreif geerntet werden und anschließend geschützt nachreifen.

Biobetrieb Ehrenfeld KG/Obsthof Ehrenfeld
Mittlere Gasse 17, 74239 Hardthausen
Tel. 07139/7689
E-Mail: info@obsthof-ehrenfeld.de
www.obsthof-ehrenfeld.de

 

Öffnungszeiten des Hofladens:
Mo–Sa: 8–12 Uhr
Spargelsaison 2022 (1.4.–24.6.): 8-18 Uhr
& nach Vereinbarung

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