
Große Gefahr für den Baum
Das Kambium und die Rinde erkennt man oft nur schwer aufgrund der unscheinbaren Fruchtkörper dieser sogenannten Kleinpilze. Sie führen jedoch zu einem oft recht raschen Absterben einzelner Triebe oder des Baumes.
von DR. JAN HINRICHS-BERGER erschienen am 25.02.2025Neben den Holz besiedelnden Pilzen gibt es auch noch Schadpilze, die vor allem die Rinde beziehungsweise die Borke und das Kambium besiedeln. Die meisten sind deutlich aggressiver und können Zweige, Äste oder gar den ganzen Baum relativ schnell zum Absterben bringen.
Einer der gefürchtetsten dieser Schadpilze ist die Kragenfäule. Sie wird von Schaderregern aus der Gattung Phytophthora hervorgerufen. Diese Gattung zählt streng genommen gar nicht zu den Pilzen, sondern zu den sogenannten Oomyceten. Damit steht sie den Algen näher als den Pilzen.
Die Krankheit beginnt meist als kleine Rindenfäule im Bereich der Veredlungsstelle des Baumes. Aufgrund der Rindenrissigkeit in diesem Stammbereich ist dieses Anfangssymptom leicht zu übersehen. Die Faulstelle breitet sich bei höheren Temperaturen recht schnell in alle Richtungen aus und erfasst neben dem Rindengewebe, auch das Kambium mit dem Gefäßsystem sowie Teile des Splintholzes. Schneidet man die frischen Faulstellen an, sind diese feucht und schokoladenbraun. Sie ziehen sich in das gesunde Gewebe hinein, das dann weiß-grünlich-braun marmoriert erscheint.

Am Ende der Vegetationsperiode, wenn die Phytophthora aufgrund der niedrigen Temperaturen nicht mehr weiterwächst, erscheint die Faulstelle eher trocken und ist scharf zum gesunden Gewebe abgegrenzt. Die Symptome können leicht mit einem Unterlagenbefall durch den Erreger des Feuerbrandes Erwinia amylovora verwechselt werden. Klarheit über die Ursache ergibt oftmals nur eine Untersuchung im Labor.
Nicht nur die Edelsorte, sondern auch die Unterlage und die Wurzeln werden befallen. An der Unterlage treten die gleichen Symptome wie an der Edelsorte auf. Einen Wurzelbefall kann man dagegen nur nach einer Rodung des Baumes erkennen. Die Kragenfäule besiedelt den Stamm und schneidet so den Baum allmählich von der Nährstoffversorgung über die Gefäße ab. Damit verliert der Baum an Wüchsigkeit, das Laub färbt sich leicht gelb und die Herbstfärbung setzt früher ein. Der Fruchtertrag sinkt und einzelne Äste sterben ab. Umfasst die Kragenfäule den gesamten Stamm, stirbt der Baum innerhalb kurzer Zeit ab.
Gefürchteter Obstbaumkrebs
Neben der Kragenfäule ist zumindest an Apfel der Obstbaumkrebs sehr gefürchtet. Er wird von dem Pilz Neonectria ditissima hervorgerufen. Stark vom Obstbaumkrebs befallene Bäume treiben im Frühjahr schlecht aus, das Laub erscheint fahl grün und der Baum kümmert.

Diese unspezifischen Symptome gehen mit sichtbaren Schäden an Stamm und Ästen einher: So findet man flächig ausgedehnte, leicht eingesunkene Rindennekrosen, die als Rindenbrand oder Canker bezeichnet werden. Sie gehen meistens von sichtbaren Verletzungen aus, z. B. von Astwinkelrissen, Schnittmaßnahmen, Hagelschlag und Frostrissen.

Die Borke ist oft vollständig zerstört, sodass der darunter liegende Holzkörper zum Vorschein kommt. Vielfach stirbt die Rinde um eine tote Knospe oder einen toten Kurztrieb ab. Auf dem abgestorbenen Rindengewebe findet man ab dem Frühjahr weißgelblich erscheinende Sporenlager (Konidien). Diese Sporenlager werden verstärkt von Spätsommer bis Herbst gebildet. Auf älteren Krebsstellen entwickeln sich teils einzeln, teils dicht gedrängt stehende, runde Fruchtkörper (Perithecien) mit einem Durchmesser von ca. 0,5 mm. Sie erscheinen zunächst leuchtend rot und dunkeln mit zunehmendem Alter deutlich nach.
Rotpustelkrankheit
Nicht zu verwechseln ist der Obstbaumkrebs mit der sogenannten Rotpustelkrankheit, die von dem Pilz Nectria cinnabarina hervorgerufen wird. Bei dieser Art handelt es sich im Gegensatz zu Neonectria ditissima um einen Schwächeparasiten, der ausschließlich über Wunden infiziert. Man findet ihn vor allem auf absterbendem und totem Holz sowie auf Schnittholz.

Die Rotpustelkrankheit befällt zahlreiche Gehölzarten, auf denen sich im Bereich von Lentizellen und Rindenrissen charakteristische hellrote bis orange Pusteln entwickeln, in denen die Konidien als eine Sporenform des Pilzes gebildet werden. Vom Herbst bis in das Frühjahr hinein entstehen an gleicher Stelle in dunklen, braunroten Fruchtkörpern die Ascosporen als eine weitere Sporenform. Da der Pilz durch seine Toxine befallene Triebe zum Absterben bringen kann, ist mit einem langsamen Vordringen in das gesunde Holz zu rechnen. Das geschieht in erster Linie, wenn die Pflanze unter Trockenstress steht.
Schwarze Warzen auf der Rinde
Die Valsa-Krankheit oder Krötenhautkrankheit findet man an Kern- und Steinobst, wobei aber vor allem das Steinobst und hier in erster Linie Zwetschgen, Kirschen und Aprikosen infiziert werden. Im Krankheitsverlauf kommt es meist im Frühsommer zu einem schlagartigen Absterben (Apoplexie) einzelner Triebe oder des gesamten Baums, das meist mit einem starken Gummifluss einhergeht.

Hervorgerufen wird die Krankheit von Pilzen aus den Gattungen Cytospora oder Valsaria. Die Infektion erfolgt bei Regenwetter meist mit Beginn der Vegetationsruhe ab September bis zu ihrem Ende (Blühbeginn). Als Eintrittspforten für den Pilz fungieren frische Blattnarben, alle Arten von Verletzungen, Frostrisse sowie der bakteriell bedingte Rindenbrand.
Der eingedrungene Pilz tötet das Kambium und Rindengewebe ab, sodass um den Infektionsort herum die Rinde einsinkt und sich bräunlich bis violett verfärbt. In den zerstörten Rindenbereichen entwickeln sich relativ rasch kleine Fruchtkörper (Pyknidien). Mit dem Eintrocknen der Rinde brechen sie als schwarze Warzen hervor, die der Rinde eine Ähnlichkeit mit einer Krötenhaut verleihen. Insbesondere bei feuchtem Wetter treten aus diesen Fruchtkörpern in sehr großer Anzahl Konidien in rötlichen Schleimranken aus. Sie dienen der Verbreitung des Pilzes vor allem über Regenspritzer und Wind. Zur Verhinderung einer Infektion sind jegliche Verletzungen von Stamm und Ästen während der Hauptinfektionsperiode von September bis März zu vermeiden.
Phomopsis ähnelt der Valsa-Krankheit
Mit der Valsa-Krankheit vergleichbare Schäden werden durch Schadpilze aus der Gattung Phomopsis an Stein- und Kernobst hervorgerufen. Die Art Phomopsis prunorum dringt über Blattnarben, Knospen und Ansatzstellen von Kurztrieben in die Zweige ein. Zu Rindeninfektionen des Stamms kommt es in der Regel nur über Rindenrisse und andere Wunden während der Vegetationsruhe.

Um den Infektionsort sinkt die Rinde relativ gleichmäßig ein und verfärbt sich violett bis rotbraun, sodass man den Eindruck eines Schildes hat. Innerhalb der Nekrosen befindliche Knospen und Kurztriebe sterben ab. Das Holz unter den Rindenschildern ist dunkelbraun gefärbt. An kleineren Schadstellen kommt es zu Überwallungen, ansonsten reißt die Rinde ein und wird großflächig abgestoßen.
Bei Prunus-Arten geht die Infektion meist mit starkem Gummifluss einher. Im Bereich der Nekrosen bilden sich insbesondere im Frühjahr viele Fruchtkörper (Pyknidien), die denen nach einer Valsa-Infektion gleichen. In den Fruchtkörpern kommt es – vor allem im Frühjahr und Sommer – zu einer massenhaften Produktion von Sporen, die bei feuchtem Wetter in Ranken entlassen werden. Relevante Infektionen der Obstbäume erfolgen jedoch erst im Herbst und Winter.
Durch Überwallungsprozesse kapselt der Baum die Infektion ab, sodass sich die Nekrose meist nur bis zu Vegetationsbeginn ausbreitet und nicht mehr in den Folgejahren. Nur wenn sehr viele Rindenschilder vorhanden sind und die Triebe beziehungsweise der Stamm sehr dünn sind, kommt es zum Absterben von Trieben oder des ganzen Baums.
Prinzipiell lassen sich die Baumpilze in zwei Gruppen unterscheiden:
- Die das Holz zerstörenden Pilze und
- Die das Kambium und angrenzende Gewebe zerstörenden Pilze.
Zu den Holzzerstörern gehören vor allem die Großpilze, die durch ihre leicht erkennbaren Fruchtkörper auffallen. Sie verursachen meist eine Braun- oder eine Weißfäule des Holzes, die sich langsam ausbreitet, sodass die Bäume noch lange lebensfähig sind, wenn auch mit reduzierter Vitalität und deutlich geringerer Standfestigkeit.
Bei den das Kambium und die Rinde besiedelnden Pilze handelt es sich meist um Kleinpilze, die aufgrund ihrer unscheinbaren Fruchtkörper nur schwer zu erkennen sind. Sie besiedeln in der Regel nicht das Holz, führen jedoch zu einem oft recht raschen Absterben einzelner Triebe oder des Baumes.
Allen Baumpilzen ist gemein, dass sie nach erfolgter Infektion nicht mehr wirksam zu bekämpfen sind. Lediglich durch rechtzeitiges Entfernen befallener Triebe kann man unter Umständen die weitere Ausbreitung der Schaderreger im Baum unterbinden. Ein Entfernen der Fruchtkörper ist keine wirksame Bekämpfung, sondern verringert lediglich das Sporenpotenzial und damit das Risiko andere Pflanzen anzustecken. Die allerwichtigsten vorbeugenden Maßnahmen sind die Vermeidung von Verletzungen und die ausreichende Wasser- und Nährstoffversorgung der Bäume.
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