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Misteln und Baumpflege

Vom Feind zum Freund?

Das Ergebnis eines Modellprojektes zur Pflege von Streuobstbäumen zeigt: Bisher sind Misteln vor allem lästig, doch eine Eigenschaft könnte sie in Zukunft zur Einnahmequelle machen.

von Alexandra Schmidt erschienen am 03.07.2025
Mistel ( Viscum ) an einem abgestorbenen Streuobstbaum. © Matteo Dani/shutterstock
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Die Weißbeerige Mistel, viscum album, ist ein Halbschmarotzer, der die Lebensdauer und Ertragsfähigkeit des Wirtsbaumes erheblich reduziert. In Streuobstbeständen breitet sich der Schädling aufgrund klimatischer Veränderungen, wie der ansteigenden Hitze und unzureichender Baumpflege stark aus. Die Mistelbüsche zu beseitigen, würde den ohnehin schon hohen Pflegeaufwand für Streuobstwiesen-Besitzer zusätzlich erhöhen. Dazu kommt, dass eine komplette Beseitigung des Halbschmarotzers in der Regel nicht möglich ist. Einmal im Bestand bleibt die Mistel ein Dauerproblem.

Mit dem Ziel, die Bewirtschaftenden stärker für die Pflege der eigenen Streuobstwiesen zu motivieren, hat das freie Planungsbüro StadtLandFluss aus Nürtingen ein Modellprojekt in die Wege geleitet. Zusammen mit Prof. Dr. Fratzl vom Max-Planck-Institut in Potsdam sowie Prof. Dr. Harrington und M. eng. Katz der McGill Universität in Montreal untersuchte Prof. Dr. Küpfer, der bei StadtLandFluss arbeitet, Lösungsansätze für ein effizientes Mistelmanagement bei begrenzten personellen Mitteln.   

Kleber aus Mistelbeeren

Für das Projekt wurden jeweils 20 misteltragende Obstbäume in den Streuobstgebieten Weil im Schönbuch, Frickenhausen und Backnang gepflegt. Ein Pflegeteam unterstützte die Baumbesitzer dabei, parallel zum Baumschnitt die Mistelbeeren zu ernten. Die geernteten Beeren wurden im Labor auf ihre Eigenschaften untersucht. Dabei zeigte sich, dass diese durch ihren hohen Gehalt an Viscin sehr gute Klebe-Eigenschaften aufweisen. Firmen der Naturkosmetikindustrie zeigten aufgrund dessen Interesse an der Nutzung des Viscins aus Mistelbeeren.  

Für Besitzer einer Streuobstwiese bedeutet das konkret: In der Zukunft könnte die Möglichkeit bestehen, neben der Vermarktung des Streuobstes eine weitere Wertschöpfungskette zu etablieren. Die Teilnehmer des Projektes gaben an, dass sie sich über eine zusätzliche regionale Wertschöpfung freuen würden, da die bisherige in der Regel nicht ausreichen würde, um den hohen Pflegeaufwand der Wiesen fair zu entlohnen. Küpfer appellierte an die Gemeinschaft der einzelnen Kommunen, bei der Pflege der Kulturlandschaften an einem Strang zu ziehen. Mistelmanagement sei durch die weitreichende Verbreitung nur gebietsweise, nicht aber baum- oder parzellenweise effektiv.

Vielseitige Nutzungsmöglichkeiten

Zusätzlich sprach der Projektleiter sich dafür aus, die Multifunktionalitäten der Kulturlandschaften in den Vordergrund zu rücken. Es brauche Ideen, jenseits von dem, was wir kennen, um den Erhalt und die Gesundheit von Streuobstwiesen zu sichern. Um zusätzliche Synergien zu Baumpflege und Mistelernte zu erschließen, wurden innerhalb des Projektes verschiedene Modelle zur Schnittholzabfuhr durch externe Lohnunternehmer und der energetischen Verwertung des Holzes erprobt. Die Wiesenbesitzer begrüßten es, sich den ansonsten zusätzlichen Aufwand der Schnittholzabfuhr zu sparen.

Das Modellprojekt zeigte: Baumpflege und Mistelkontrolle ergänzen sich gut. Auch wenn momentan noch keine Wertschöpfungskette für die Verwertung von Mistelbeeren existiert, waren die Teilnehmer sehr zufrieden mit dem Projekt und würden bei einer Wiederholung erneut mitmachen. Sie gaben an, dass der Anreiz, ihre Bäume weiter zu pflegen, durch die Kampagne von StadtLandFluss erneut gestiegen sei.

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