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allergikerfreundlicher“ Apfelsorten

Äpfel essen ohne Reue

Ein Forscherteam um Wilfried Schwab, Professor für Biotechnologie der Naturstoffe an der TU München, arbeitet an einem Projekt zur Züchtung „allergikerfreundlicher" Apfelsorten.

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Magdalena Jooss / TUM
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Rund 25 kg Äpfel isst jeder Deutsche durchschnittlich im Jahr. Sie sollten groß, saftig, süß-säuerlich im Geschmack und einfach zum Reinbeißen sein. Allerdings sind mehrere Millionen Menschen in Deutschland Allergiker und müssen deshalb auf den Genuss verzichten – Tendenz steigend. Doch in etwa 5 Jahren könnten sie „allergikerfreundliche" Sorten im Laden finden. Der Grund: Im Fachgebiet Biotechnologie der Naturstoffe der Technischen Universität München auf dem Campus in Weihenstephan läuft die Suche nach Apfeltypen mit geringem Allergengehalt.

Als Hauptursache von Allergien gegen Äpfel gelten so genannte Mal d 1-Proteine, auf die knapp 5 % der Erwachsenen hierzulande mit Symptomen reagieren. Allergiker spüren nach dem Verzehr von Äpfeln oft ein Jucken im Mund- und Rachenraum und ein Kratzen auf der Zunge, die Lippen schwellen an. Reaktionen bis zum anaphylaktischen Schock sind sind zum Glück selten. Doch können Äpfel gezüchtet werden, die komplett frei von diesen Proteinen sind? „Allergenfrei können wir nicht versprechen. Aber es werden Apfelsorten sein, die allergikerfreundlich sind", sagt Projektleiter Prof. Dr. Wilfried Schwab. Solche neuen Apfelsorten entwickelt Prof. Dr. Werner Dierend, Inhaber des Lehrstuhls Obstbau und Obstverwertung an der Hochschule Osnabrück. Durch kontrollierte Bestäubung kreuzen die Forscher gemeinsam mit Kollegen der Züchtungsinitiative Niederelbe (ZIN) ausgesuchte Sorten, um gewünschte Eigenschaften aus beiden Elternpflanzen in einer neuen Züchtung zu vereinen. Dabei sollen diese Nachkommen nicht nur möglichst allergenarm sein; auch Größe, Farbe und Resistenz müssen stimmen.

Vielversprechende Neuzüchtungen

Das Thema Allergie hatten die Züchter zunächst gar nicht im Blick. „Als wir 2012 erfuhren, dass Leute an der TUM wichtige Apfelallergene messen können, haben wir das sofort mit ins Programm genommen", erklärt Professor Dierend.Seit 2018 führen die Wissenschaftler nun Tests mit Probanden durch, die am Allergie-Centrum der Berliner Charité regelmäßig Apfelvarietäten mit niedrigem Mal d 1-Gehalt aus dem Züchtungsprojekt verkosten. Die so gewonnenen Daten können zeigen, welche Neuzüchtungen zumindest für möglichst viele Betroffene „allergenarm" sind.

5 Apfel-Neuzüchtungen haben sich in den Humantests mittlerweile als gut verträglich für nordeuropäische Allergiker herausgestellt. Prof. Schwab erklärt: „Allergien sind heterogen. Zwei Personen, die allergisch auf Äpfel sind, müssen nicht unbedingt auf das gleiche Protein reagieren." Die in seinem Projekt gezüchteten Sorten sind auf nordeuropäische Allergiker zugeschnitten. Denn während die Sensibilität hierzulande meist indirekt von einer Birkenallergie herrührt, ist die Kreuzallergie auf Äpfel im Süden meist auf Gräser zurückzuführen. Die allergische Reaktion wird in Spanien oder Italien also von einer anderen Proteinfamilie ausgelöst.

Daher wäre es aus Sicht der Forschenden wünschenswert, dass möglichst viele allergenarme Züchtungen auf den Markt kommen. So hätten Allergiker eine Auswahlmöglichkeit. Letztlich entscheiden jedoch die Züchter darüber, wie viele Sorten in den Läden zu finden sein werden.

Eine für Allergiker oft geeignete Sorte, die nicht aus dem Projekt stammt, verrät Prof. Schwab jedoch schon jetzt: „‘Santana’ gilt als gut verträglicher Apfel. An dem wollen wir uns messen."

Apfelsorte ‘Fräulein’ startet durch

Die leuchtend rot ausgefärbte, aber nicht ausgesprochen allergenarme neue Apfelsorte ‘Fräulein’ hat einfach alles, was man sich von einem Apfel wünschen kann: ein exzellentes Süße-Säure-Verhältnis, einen knackig-krispen Biss und hervorragende Lagereigenschaften. Und das Beste an ‘Fräulein’: Sie ist ein Zufallsprodukt der Natur, entstanden durch die unkontrollierte Bestäubung von Apfelblüten durch Bienen. Dabei entstehen Apfelkerne, in denen die Eigenschaften der jeweiligen Mutter- und Vaterpflanze völlig neu gemischt sind – ganz neue Sorten also. Diese Kerne kann man dann keimen lassen und abwarten, wie sie sich entwickeln. So geschehen in der Hildesheimer Börde. Viele Jahre suchte Obstbauer Gerd Sundermeyer nach einem geschmacklich ganz besonderen Apfel. Auf seinen Apfelwiesen hat er unzählige Samen keimen und wachsen lassen, die Triebe veredelt und die Ernte probiert. Dann entdeckte er ihn, den besonderen, saftigen, knackig-krispen Apfel, von dem er selbst sagt: „Das Fruchtfleisch ist beim ersten Biss förmlich in meinem Mund explodiert!" Ein ganz neues Geschmackserlebnis und vor allem eine Zufallszüchtung nach dem Prinzip der Natur.

Nicht nur Obstbauer Sundermeyer war begeistert. Auch andere Erzeuger waren fasziniert von dieser Sorte, die nicht nur sensationell schmeckt, sondern sich – gut gekühlt und dunkel aufbewahrt – auch noch hervorragend lagern lässt. Mittlerweile sind rund 1. Mio. Bäume gepflanzt. Sie wachsen bei Apfelbauern in Sachsen, Mittelbaden, im Rheinland, Alten Land und am Bodensee.

Seit dem 9. November sind erste Früchte der Sorte ‘Fräulein’ im Handel erhältlich, das diesjährige Ernte-Ergeb-nis aus ganz Deutschland umfasst eine erste exklusive Kleinmenge von 180 Tonnen der roten Äpfel.
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Deutsches Obstsorten Konsortium GmbH

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