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51. Weinsberger Obstbautag

Gefragter Fruchtgenuss am Automaten

Bei allen Querelen, die die Coronapandemie für die Obstbranche gebracht hat, so hat sie doch einen Trend verstärkt: Der Einkauf direkt beim Erzeuger nimmt zu. Neben Hofladen, Wochenmarkt und Onlineabsatz ist mehr und mehr der Verkauf über Automaten gefragt. Was dahinter steckt und worauf zu achten ist erfuhren über 700 Teilnehmer des online abgehaltenen 51. Weinsberger Obstbautages.
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Verkaufsautomaten liegen im Trend. Sie werden bei Anbietern wie Käufern immer beliebter.
Verkaufsautomaten liegen im Trend. Sie werden bei Anbietern wie Käufern immer beliebter.Werner-Gnann
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Wie wichtig eine Risikoabsicherung gegen Wetterextreme ist, habe das vergangene Jahr mit seinen Spätfrösten erneut gezeigt. Das betonten sowohl Dr. Kurt Mezger vom Regierungspräsidium Stuttgart, zusammen mit der Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) Veranstalter des Obstbautags, wie auch Grit Puchan, Ministerialdirektorin im Stuttgarter Landwirtschaftsministerium. Umso wichtiger sei das Pilotprojekt zur Förderung von Versicherungsprämien bei Mehrgefahrenversicherungen, das nun ins zweite Jahr gehe.

Als bedeutenden Baustein für den heimischen Obstabsatz nannte Marc Calmbach von der LVWO, der die Veranstaltung moderierte, die Regionalkampagnen „Natürlich. Von daheim“ und „Wir versorgen unser Land“. Das habe die Coronapandemie gezeigt. Thomas Schädler vom Beratungsdienst Direktabsatz in Ludwigsburg untermauerte die gestiegene Nachfrage nach regionalen Produkten mit Zahlen. So verzeichneten Hofläden im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von 32 Prozent bei einem Durchschnittswert von 68.700 Euro. Die Umsatzsteigerung pro Kunde bezifferte er auf 24 Prozent. Als neue Absatzwege neben Hofladen, Wochenmarkt, Verkaufsstand, Fahrverkauf und Abo-Kisten etablierten sich der Online-Shop und Verkaufsautomaten.

Chancen im Online-Absatz

Der Online-Absatz von Lebensmitteln sei zwar mit derzeit drei Prozent noch sehr verhalten, was Schädler mit der hohen Dichte an Supermärkten und logistischen Herausforderungen beim Handel mit frischen Lebensmitteln begründete, doch er sieht hier große Chancen, insbesondere für Direktvermarkter. Ebenso wie in den Verkaufsautomaten. Diese ermöglichten einen Einkauf unabhängig von den Ladenöffnungszeiten, die Preissensibilität sei weitaus geringer und man erreiche damit junge Käufergruppen. Für die Betreiber der Automaten nannte er als weitere Vorteile die Unabhängigkeit vom Verkaufspersonal, eine denkbare Verkürzung der Öffnungszeiten des Hofladens sowie die Entlastung der Unternehmerfamilie. Nachteile sieht er in der fehlenden Kundenansprache, einer eventuellen Hemmschwelle für Senioren, der Gefahr des Vandalismus sowie im Aufwand für die Befüllung.

Schädler warnte davor, einen Verkaufsautomaten als Selbstläufer zu betrachten. Wichtig seien neben dem Standort, einer guten Zufahrt sowie gut sichtbaren Parkplätzen ein Witterungsschutz für den Kunden sowie die Möglichkeit, den Automaten sauberen Fußes zu erreichen. Nicht zu vergessen das Sortiment. Bislang zeigte sich, dass ein Automat umso rentabler sei, je breiter das Angebot.

Auf den richtigen Typ setzen

Vor einer Anschaffung will überlegt sein, welcher Automatentyp es sein soll. Schädler unterschied zwischen Fächerautomaten, die am flexibelsten sind, aber viel Platz benötigen, dem Schachtautomat, der sich für formierte Produkte gut eignet, weniger für Beeren, dem Trommelautomat und dem Milchautomat. Ferner gilt es zu entscheiden, ob eine Kühlung oder Heizung nötig ist, eine Überwachung gegen Diebstahl ratsam, ein Touchscreen sinnvoll oder die Fernüberwachung per Telemetrie erfolgen soll. An einem Beispiel machte der Berater deutlich, wie wichtig es ist, Einnahmen und Kosten im Blick zu haben, den täglichen Befüllaufwand nicht zu unterschätzen und einen regulären Stundenlohn anzusetzen. So fallen bei einer Investition von 13.000 Euro in einen Automaten samt Aufstellung in etwa 22.000 Euro jährliche Kosten an, was entsprechende Einnahmen voraussetzt, um sich den Kauf nicht schön zu rechnen.

Vor fünf Jahren hat die LVWO bei ihrem Versuchsgut Heuchlingen einen Verkaufsautomaten installiert. Gründe waren laut LVWO-Mitarbeiter Burghard Hein die Kundenachfrage nach längeren Öffnungszeiten des Hofladens, eine Vermarktung auch an Feiertagen und am Wochenende, das Ziel, neue Kunden anzusprechen sowie der Absatz neuer Sorten in geringen Mengen aus der Versuchsarbeit. In der Planungsphase spielten neben grundsätzlichen Überlegungen zum Typ, zum Verkaufssortiment, zur Fachzahl und -größe auch Punkte wie Klimatisierung, Isolation, Gestaltung, Parkmöglichkeiten, Reinigung und Anschluss an die Büroinfrastruktur eine Rolle.

Schließlich entschied man sich für den Einbau eines Automaten der Firma Roesler in einen Fertiggaragenumbau mit befestigtem Vorplatz und drei Parkplätzen. Verkauft werden Äpfel im 2,5 kg Beutel, Säfte, Birnen, Kirschen, Zwetschgen, ein breites Beerensortiment, Apfelchips und Honig. Wer sich für einen Automaten entscheidet, sollte laut Hein den Zeitbedarf in den täglichen Arbeitsalltag integrieren, sich bewusst machen, dass der Automat auch am Wochenende und an Feiertagen zu betreuen ist und ein gepflegtes Erscheinungsbild anstreben. Ferner ist es wichtig, dass bei auftretenden Problemen jemand erreichbar ist.

Dass sich die Investition in eine „Premiumvariante“ eines Verkaufsautomaten in Höhe von gut 130.000 Euro für Gebäude, Automat, Kühltechnik und Parkplätze dennoch lohnt, belegte Steffen Zeyer von der LVWO mit einer betriebswirtschaftlichen Analyse. Insbesondere die Absatzsteigerung im vergangenen Jahr, ob nun Corona-bedingt oder nicht, von 100.000 Euro auf über 160.000 Euro hat zu einem deutlich verbesserten Ergebnis geführt. Eine Blaupause für andere Betriebe zur Investition in einen Automaten könne dies aber aufgrund der Gegebenheiten in Heuchlingen nicht sein. Dennoch: Die Vermarktungsform treffe den Zahn der Zeit.

Weitere Themen auf dem Obstbautag

In weiteren Vorträgen befasste sich Dr. Franz Rueß von der LVWO mit einem fünfjährigen Apfelzüchtungsprojekt mit robusten Sorten, das die eine oder andere interessante Neuheit erwarten lässt (siehe auch Obst & Garten 5/2020). Arno Fried vom Landratsamt Karlsruhe schloss den Obstbautag traditionell mit Empfehlungen und Versuchsergebnissen zum immer komplexer werdenden Pflanzenschutz ab.

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