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Totholz als Habitat für Insekten

Tote Obstbäume für Insekten stehen lassen

Drei Viertel der globalen Nahrungspflanzenarten sind von Bestäubern abhängig. Drei Viertel der Insektenbiomasse sind allein in Deutschland in den vergangenen 27 Jahren verloren gegangen. Wie nicht nur Landwirte, sondern auch Privatleute und Kommunen den Siedlungsraum für Insekten ökologisch aufwerten können, machen Dr. Patrick Pyttel, Projektleiter der Bodensee-Stiftung, für die „Insektenfördernde Region Hohenlohe“ sowie Referenten des Naturschutzbunds (NABU) und der Stadt Kirchberg deutlich.
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Erster Feldtag der Insektenfördernden Region Hohenlohe.
Erster Feldtag der Insektenfördernden Region Hohenlohe.IFR Hohenlohe/Bodensee-Stiftung
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Die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall veranstaltete gemeinsam mit der Stadt Kirchberg und dem NABU Kirchberg einen Vortrag im Rahmen der „Insektenfördernden Region Hohenlohe“ zum Erhalt der Artenvielfalt.

Kirchberg ist in der Region so etwas wie eine Vorzeige-Kommune in Sachen Insektenförderung. Daher ist das Interesse am Vortrag groß: „Bereitstellung von Habitaten und Verzicht auf Pestizide“, das sind Dr. Patrick Pyttel zufolge die wirkungsvollsten Maßnahmen gegen das Artensterben. Das geeignete Habitat, also der ideale Lebensraum sei Totholz, so der Projektleiter der Bodensee-Stiftung, für die „Insektenfördernde Region Hohenlohe“. Im Totholz „sind mindestens 1900 Insektenarten gebunden“, macht der Wissenschaftler deutlich. In einem Wald ohne Totholz schwinde die Biodiversität um 30 Prozent.

Nicht immer alles aufgeräumt haben

Trockensteinmauern, Steinhaufen, Eidechsenhalbmonde seien geeignete Mittel, dagegen anzugehen. Solche Eingriffe stoßen in der Öffentlichkeit nicht immer auf Zustimmung. Stefan Ohr, Bürgermeister von Kirchberg/Jagst, berichtet von wenig begeisterten Bürgerreaktionen auf Ausgleichsmaßnahmen dieser Art vonseiten der Stadt. Pyttel empfiehlt: „Lassen Sie sich nicht von Menschen beeindrucken, die immer alles aufgeräumt haben wollen.“ Kreuz durchdrücken und hart bleiben, laute die Devise.

An der Entwicklung eines Waldes über 600 Jahre macht der Diplom-Forstwirt deutlich, in welchem Stadium Bäume den idealen Lebensraum für Insekten darstellen. Ganz am Ende, in der Zerfallsphase und beim Zusammenbruch der Bäume, ist das Aufkommen von Flora und Fauna am höchsten. Nun gelte es nicht, Wald-Biomasse in Garten oder Siedlungsräume zu verfrachten, sondern vorhandene Biomasse zu erhalten. Ideales Habitat für Insekten sei stehendes Totholz, erklärt der Experte.

Tote Obstbäume stehen lassen

Wie das aussieht, macht Pyttel an mehreren Maßnahmen deutlich. Ein Raunen geht durchs Publikum, als er den Hambacher Forst als best-pratice-Beispiel nennt. Hier sind in der „Bergbaufolgelandschaft“, also hinter der Abraumfläche, mehr als 400 Altbäume in die Erde eingegraben worden. Abgelöste Rinde, Bohrlöcher und Risse bilden Schutzraum für Insekten aller Art. In der Gemeinde Vörstetten, Landkreis Emmendingen, hat Pyttel gefallene Bäume von Streuobstwiesen eingesammelt und mittels Doppel-T-Trägern zu beeindruckenden Skulpturen aufgerichtet. „Schon nach zwei Jahren habe ich Zauneidechsen und Hornissen gefunden“, sagt der Wissenschaftler.

Dass Privatleute den Torso eines toten Obstbaums auf ihrer Streuobstwiese stehen lassen können, ist leicht umzusetzen. Doch auch Kommunen können so „mit einfachen finanziellen Mitteln“ etwas gegen den Artenschwund unternehmen. „Aber erklären Sie unbedingt auf einem Plakat, wozu die Maßnahme dient, damit die Leute das verstehen“, rät der Experte. Frank Harsch, Braunsbacher Berufskollege von Stefan Ohr, ist von dem Vortrag sichtlich beeindruckt: „Das ist eigentlich einfach und gar nicht teuer.“

Zum Projekt

„Damit es weiter brummt im Land“ lautet der Slogan des durch die europäische Kommission geförderten LIFE Projekts „Insektenfördernde Regionen“. Eine von sieben Pilotregionen in Deutschland ist Hohenlohe mit den Landkreisen Schwäbisch Hall, Hohenlohe, Rems-Murr und Main-Tauber; Projektträger vor Ort ist die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.
 

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