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LOGL fordert in offenem Brief

Kein verordneter Schutz für Streuobstwiesen

Der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft fordert zusammen mit der Umweltstiftung NatureLife und zahlreichen weiteren Partnern den Verzicht auf die Unterschutzstellung von Obstwiesen im Rahmen des baden-württembergischen Volksbegehrens "Rettet die Bienen". Die Beteiligten appellieren daran, Naturschutzziele vom Ergebnis her zu denken und die Bewirtschafter der Obstwiesen zu fördern statt zu demotivieren.
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In einem offenen Brief haben sich der LOGL und weitere Partner gegen die Unterschutzstellung von Streuobstbäumen im Volksbegehren "Rettet die Bienen" ausgesprochen.
In einem offenen Brief haben sich der LOGL und weitere Partner gegen die Unterschutzstellung von Streuobstbäumen im Volksbegehren "Rettet die Bienen" ausgesprochen. Werner-Gnann
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„Gut gemeint ist manchmal das Gegenteil von gut“, so kommentiert Rolf Heinzelmann, Geschäftsführer des 103.000 Mitglieder starken Landesverbandes Obstbau, Garten und Landschaft (LOGL),  Teile der Gesetzesinitiative Volksbegehren Artenschutz „Rettet die Bienen“ in Baden-Württemberg. Er kritisiert die Absicht, über das Volksbegehren eine Gesetzesinitiative voranzubringen, durch die Obstwiesen unter bestimmten Bedingungen unter Schutz gestellt werden sollen. Unterstützt wird der LOGL dabei von der
Umweltstiftung NatureLife-International sowie den Verbänden der Klein- und Obstbrenner, der Landesgruppe Baden-Württemberg des Pomologenvereins, dem Verein WiesenObst, dem Verband der Bediensteten für Obstbau, Gartenbau und Landespflege Baden-Württemberg und dem Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft.

Ziel wird verfehlt


In einem offenen Brief an die Initiatoren des Volksbegehrens David Gerstmeier und Tobias Miltenberger, Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie weitere Ministerien und die Vorsitzenden der Landtagsfraktionen unterstreichen die Unterzeichner, dass man zwar einerseits die Grundabsicht unterstützt, den Handlungsbedarf bei der Artenvielfalt deulich zu machen. Dennoch sei es dringend geboten, von der im Gesetzentwurf der Initiative vorgesehenen Unterschutzstellung von Obstwiesen Abstand zu nehmen.

„Die Forderungen im Volksbegehren stehen dem eigentlichen Ziel, dem Erhalt der Obstwiesen, vollkommen entgegen. Landschaftselemente, die durch Nutzung entstanden sind, können auch nur durch weitere Nutzung bewahrt werden und für eine mannigfaltige Pflanzen- und Tierwelt zur Verfügung stehen“, so Prof. Dr. Friedhelm Göltenboth, Naturexperte  bei NatureLife. Heinzelmann ergänzt:„ Die Bewirtschaftung und Pflege wird größtenteils ehrenamtlich getragen, wohlwissend, dass eine Gewinnabsicht oft nicht zu realisieren ist. Diese Motivation zur Pflege ohne wirklichen Lohn ist ein zartes Pflänzchen, das nicht durch unnötige Reglementierung wieder zum Absterben gebracht werden darf.“

Nächste Generation für die Streuobstpflege motivieren

Die echte Herausforderung sei vielmehr der Generationenwandel. „Die jüngere Generation, die Obstwiesen jetzt zunehmend vererbt bekommt, muss für die Pflege  motiviert und unterstützt werden. Schon jetzt wissen viele Erben der Obstwiesen nicht mehr, wo sich ihre Grundstücke befinden, noch sind sie bereit, die mit der Pflege einer Obstwiese verbundenen Arbeit zu erbringen. Es ist schon ein Unterschied, den Schutz der Natur zu fordern und tatsächlich Hand anzulegen und etwas zu tun“, so LOGL-Landesgeschäftsführer Heinzelmann. Er betont, dass es anstatt Reglementierungen motivierte Menschen braucht, die bewusst und mit Sachverstand und Freude ihre Obstwiesen pflegen. Dies könne man keinesfalls staatlich vorschreiben. Schon jetzt gäbe es gesetzliche Vorschriften zur Pflegepflicht von Grundstücken, die nicht durchgesetzt werden können.

Weiter heißt es in dem offenen Brief:

  • Die Probleme beim Erhalt der heimischen Obstwiesen sind vielfältig und durch eine Unterschutzstellung nicht zu lösen. Im Gegenteil: Die Unterschutzstellung kann sogar Besitzer dazu motivieren, wertvolle Altbestände zu roden, wie dies bereits in Bayern geschehen ist. So wie die bereits langjährig bestehende gesetzliche Verpflichtung zur Mindestpflege, nach dem Landwirtschafts- und Landeskulturgesetz (§26 LLG), die mindestens einmalige Mahd pro Jahr durchzusetzen, kaum Erfolg zeigt.
  • Obstwiesen mit seit Jahrzehnten nicht gepflegtem Altbestand sind bereits häufig vorhanden und drohen zu verfallen. Es fehlen darüber hinaus vielerorts Neupflanzungen, die fachgerecht gepflanzt und gepflegt werden. Weitere Probleme sind der zunehmende Mistelbefall in Altbeständen, der Feuerbrand in manchen Kernobstbeständen und der Birnenverfall (eine von Phytoplasmen ausgelöste Birnenkrankheit), der insbesondere viele der großen, landschaftsprägenden und ökologisch wertvollen Birnenveteranen ein schnelles Ende bereiten kann.
  • Bei einer Unterschutzstellung würde ein wertvolles Kulturlandschaftselement in Folge von übertriebener Reglementierung und dadurch resultierender Demotivation weiter verfallen, mit der Folge, dass wichtige Strukturen für eine Vielzahl an Insekten und andere Lebewesen verloren gehen.

Die Unterzeichner des offenen Briefes warnen davor, dass das in jüngster Zeit an einigen Stellen des Landes gewachsene Interesse für die Erhaltung des Kulturgutes Obstwiese durch Unterschutzstellung wieder kaputt zu machen.
Stattdessen fordern der LOGL und die unterzeichnenden Verbände:

  • Eine Förderung der Wissensvermittlung in Sachen Natur, um die landschaftsökologischen Funktionen von Obstwiesen und die Bedeutung im regionalen Raum sowie deren Nutzungsvorteile begreifbarer zu machen. Des Weiteren ist eine praxisnahe Schulung und Unterstützung von Einzelpersonen und jungen Familien nötig, die Obstwiesen pflegen und bewirtschaften. Hierbei wirkt unter anderem bereits der Landesverband für Obstbau, Garten und Landschaft (LOGL) tatkräftig mit.
  • Artenkenntnisse der heimischen Fauna und Flora sollten bereits in Kindertagesstätten und Schulen vermittelt werden. Ebenso wie die Arten- und Sortenkenntnis unserer Obstgehölze.
  • Alte und für den extensiven Anbau geeignete Sorten müssen auf die Veränderungen von Klimawandel und neue Krankheiten hin überprüft und züchterisch bearbeitet werden.
  • Starkwachsende Birnenunterlagen müssen auf Krankheitstoleranz - insbesondere im Hinblick auf das Thema Birnensterben - getestet und weiterentwickelt werden.
  • Die Vermarktung der aus Obstwiesen gewonnenen Produkte ist noch stärker zu fördern.

 

Möglicherweise ein Bärendienst

„Wir bitten dringend vom eigentlich gut gemeinten Ansatz, die Obstwiesen unter Schutz zu stellen, Abstand zu nehmen und zu begreifen, dass solche  Landschaftselemente nur mit und nicht gegen die Menschen erhalten werden können. Hier klafft ein Unterschied zwischen theoretischem Ansatz und praktischer Wirklichkeit “, so Heinzelmann. Wir rufen die Initiative Volksbegehren Artenschutz – „Retten die Bienen“ sowie aller hiervon berührten
Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung auf, gut gemeinte Ziele vom Ergebnis her zu durchdenken, da in Bayern bereits im Zuge des dortigen Volksbegehrens die ersten Obstbäume abgeholzt werden und dem eigentlichen Ziel ein Bärendienst erwiesen wurde, so Heinzelmann.

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