Dem Herbstmarkt fehlen noch Impulse
- Veröffentlicht am

Wir können mit der Apfelernte zufrieden sein, auch wenn aufgrund der Trockenheit die Bäume nicht in den Himmel wachsen“, erklärte Erich Röhrenbach, der neue Vorsitzende der Obstregion Bodensee – ein Amt, das er mit Thomas Heilig teilt. Das Anbaugebiet sieht er mit einem modernen Sortiment inklusive vieler Clubsorten gut aufgestellt. Sorgen bereiten dem Obstbauern aus Kippenhausen im Bodenseekreis allerdings die zunehmenden Wetterextreme. „Wenn der Sommer 2018 in Zukunft eher die Regel als die Ausnahme ist, brauchen wir dringend Wasser in unseren Obstanlagen“, appellierte er an Politik und Verwaltung, den Bau von Wasserspeicherbecken unbürokratisch zu genehmigen und Investitionen in Frostschutzberegnung und Bewässerung zu fördern. Außerdem mahnte er die Einführung einer Mehrgefahrenversicherung an, deren Prämie aber nur bezahlbar sei, wenn es eine Unterstützung von Bund und Ländern gebe. „Wenn es politisch gewollt ist, dass Verbraucher regionale Lebensmittel mit kurzen Transportwegen erhalten, dann brauchen wir auch Rahmenbedingungen, um dauerhaft wirtschaftlich bestehen zu können“, betonte Röhrenbach.
Wetterrisiken nehmen zu
Allen Wetterextremen zum Trotz behaupte sich der Obstbau als ein Flaggschiff der baden-württembergischen Landwirtschaft, lobte Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch die am Bodensee produzierte Apfelqualität. Doch sie machte auch klar, dass der Klimawandel Realität ist und die Ertragsrisiken wachsen, was im Einzelfall die Existenz von Betrieben bedrohen kann. „Ein gutes betriebliches Risikomanagement ist daher ein Schlüsselelement eines wettbewerbsfähigen Obstbaus“, meinte die Staatssekretärin. Ad hoc-Hilfen, ob nach Dürre oder Frost, seien keine zukunftsfähige Lösung. Besser sei ein Konzept für eine Mehrgefahrenversicherung mit staatlicher Unterstützung sowie unbürokratische Hilfen und eine verbesserte Förderung bei präventiven Maßnahmen.
Froh über die Entfristung der 70-Tage-Regelung zeigte sich Franz Josef Müller, der Präsident des Landesverbandes Erwerbsobstbau. „Das hilft uns die Ernte einzubringen“, betonte er, zumal zusehends Saisonarbeitskräfte aus EU-Mitgliedsstaaten fehlten. Deshalb seien Bemühungen auch von politischer Seite wichtig, den Weg für Erntehelfer aus der Ukraine zu ebnen.
Äpfel punkten mit Qualität
Mit guten Qualitäten und deutlich höheren Zuckergehalten rechnet Dr. Egon Treyer, Geschäftsführer der Markgemeinschaft Bodenseeobst, bei den Äpfeln der neuen Saison. Auch wenn die für die EU geschätzte Menge von 12,5 Mio. t eine große Ernte sei, werde es Spielräume geben, zeigte er sich zuversichtlich. Trockenheitsbedingt werde die Menge wohl kleiner ausfallen. Davon betroffen ist vor allem Mitteleuropa mit Belgien, den Niederlanden sowie Deutschland. Noch sei daher offen, ob die für den Bodensee prognostizierte Menge von 260.000 t erreicht werde. Für Norddeutschland wurden rund 295.000 t geschätzt. In Sachsen hat man die Erntemenge von 95.000 t bereits auf 80.000 t revidiert. In der Summe bedeutet dies laut Treyer mit 920.000 t eine nur noch unterdurchschnittliche Ernte in Deutschland. Mit 4,5 Mio. t stehen dagegen für Polen Rekordwerte an, 2,6 bis 2,8 Mio. t davon sollen Tafeläpfel sein. „Das bereitet Sorgen. Polen sucht neue Märkte“, erklärte der Geschäftsführer. Treyer rechnet damit, dass dies die Exportmärkte unter Preisdruck setzt.
Die deutschen Anbauregionen setzten auf den Inlandsmarkt, wo man mit dem Trend zum Kauf regionaler Ware zu punkten hofft. Zudem biete die um knapp zwei Wochen frühere Saison sowie die leeren Lager zusätzliches Absatzpotenzial von geschätzten 200.000 t. Bedingt durch die gute Eigenversorgung in Hausgärten und im Streuobstbau fehlten dem Markt aber bislang noch Impulse.
Bodenseeapfel mit neuem Markenauftritt
Nach 13 Jahren, in denen das Bodenseeobst mit dem Slogan „In der Sonne gebadet“ beworben wurde, gibt es nun einen neuen Markenauftritt. „Der Biss unserer Region“ – so lautet die Werbebotschaft der neuen Wort-Bild-Marke, mit der Äpfel, aber auch Steinobst und Beeren sich beim Verbraucher einprägen sollen. „Wir wollten die Marke erneuern, verjüngen und attraktiver machen“, nannte Manuela Heinrich, die neue Geschäftsführerin der Obst vom Bodensee Marketinggesellschaft, als Antriebsfedern für den neuen Look. Gleichzeitig sollte die Marke nur moderat weiterentwickelt werden, um eine Wiedererkennbarkeit zu sichern. Vor allem aber will die Obstregion mit dem neuen Auftritt ein junges und neues Publikum erreichen. Dazu setzt die Marke stärker auf Emotionen, da das Kaufverhalten heute nicht mehr nur rationalen Überlegungen folgt, wie Heinrich unterstrich. Das war im Übrigen auch das Ergebnis einer Studie von Studenten der Hochschule Albstadt-Sigmaringen, die eine Überarbeitung der Marke empfohlen haben. Über drei Bildmotive – ein Hippiemädchen (siehe Foto), eine Familie und zwei Teenager – sollen diese Emotionen transportiert werden. Während das Hippiemädchen für hip, cool, neu und jung steht, rücken die Familienmotive die hohe Lebensqualität, die Obst vom Bodensee bietet, in den Fokus. Die zwei Teenager sollen Lebensfreude vermitteln und zeigen, wie cool es ist, einen Apfel aus der Region zu essen.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.