Frida soll helfen
- Veröffentlicht am
Wenige Frostnächte hatten im Frühjahr gereicht, um am Bodensee rund 65 Prozent der Obsternte zu vernichten. Lediglich 86.000 Tonnen der sonst üblichen 250.000 Tonnen Kernobst werden in der Region Bodensee erwartet, wie Dr. Egon Treyer, Geschäftsführer der Marktgemeinschaft Bodeseeobst vergangenen Sonntag auf dem Obsthof Bernhard in Friedrichshafen berichtete. Einziger Trost: Fast in ganz Europa sind die Äpfel knapp. Daher sollte grundsätzlich eine gute Vermarktung der verbliebenen Äpfel gegeben sein. Insgesamt erwartet Treyer höhere Preise, da auch Streuobst knapp ist und daher Tafelobst von der verarbeitenden Industrie ebenfalls nachgefragt werde.
Vermarktung wird spannend
Eine Herausforderung werde die Vermarktung der Äpfel in Handelsklasse II. „Wir haben – wie noch nie zuvor – einen Anteil an Äpfeln mit erhöhter bronzener Berostung durch den Frost auf der Schale“, so Treyer. Diese würden zwar vorzüglich schmecken, aber werden nicht in Klasse I gehandelt. Die Vermarktungsgemeinschaft hofft nun, dass den Konsumenten vermittelbar ist, warum die Äpfel heuer nicht immer die gewohnt perfekte Optik haben und setzen dabei auf die Regionalität und den Geschmack. Der Zielgruppe „Verbraucher, denen die Herkunft nicht egal ist“ sollten die sogenannten „Frost in der Apfelanlage-Äpfel“, kurz Frida, zu verkaufen sein. Und das hoffentlich über die gesamte Saison und nicht als einmalige Kaufentscheidung.
Extremjahr 2017
„Das Ausmaß ist erschreckend“, fasste zuvor Erich Röhrenbach, stellvertretender Vorsitzender der Obstregion Bodesee die Ernte zusammen. Er hofft in diesem Ausnahmejahr auf Hilfe von Seiten der Politik. Nachdem die Obstbauern jahrelang viel Geld investiert hätten, um die Ernte vor Hagel zu schützen, gehe es nun wohl mit Frostschutzanlagen weiter. „Das geht nicht ohne Unterstützung“, so Röhrenbach. Zum einen brauche es geringe bürokratische Hürden, zum anderen Geld. Allerdings sollten dafür keine Zuschüsse umverteilt, sondern neue Gelder verwendet werden, so sein Appell.
Unterstützung kommt
Dass „das Land seine Obstbauern nicht im Stich lässt“, verkündete Ministerialdirigent Joachim Hauck vom baden-württembergischen Landwirtschaftsministerium bei der Saisoneröffnung. Das Land habe aufgrund der großen Schäden schnelle Maßnahmen zur Unterstützung ergriffen: Zum einen Steuerrechtliches wie Stundungen oder Anpassungen der Vorauszahlungen, zum anderen mit einem zinsgünstigen Darlehen bei der Rentenbank für frostgeschädigte landwirtschaftliche Betriebe. Seit 1. September ist nun die Verwaltungsvorschrift „Frostbeihilfe 2017“ in Kraft. Ab 11. September können die Anträge gestellt werden (siehe BWagrar, Seite 10 bis 11). Ende Oktober sollte das Verfahren abgeschlossen sein und das Geld Anfang 2018 ausbezahlt werden können. „Das ist nicht spät, sondern meist früher als gewöhnlich das Obstgeld kommt“, so Hauck.
Er stellt gleichzeitig klar: Schäden bis 6000 Euro werden nicht ausgeglichen. Das müsse ein Unternehmen aushalten.
Land prüft weitere Möglichkeiten
Das Land prüfe indes weitere Möglichkeiten wie Schadensfonds oder Versicherungslösungen mit staatlicher Unterstützung. Weiter setze sich das Ministerium für die Einführung einer steuerfreien Risikoausgleichsrücklage ein. Auch technische Lösungen würden geprüft, etwa Frostschutzberegnungen. Der Ettenkircher Apfelwandertag bot den perfekten Rahmen für die Saisoneröffnung. Drei Betriebe hatten ihre Hoftore geöffnet, die für die Besucher über Wanderwege durch Obstanlagen zu erreichen waren.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.