Starke Einbußen in der Kernobsternte
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Die Witterung meinte es europaweit in diesem Jahr nicht gut mit den Obstbauern. Ein milder Winter, eine sehr frühe Blüte mit starken Frösten in der letzten Aprildekade nördlich und um die Alpen, anhaltende Perioden der Trockenheit in den Süd-ländern und erst letzte Woche noch schwere Hagelunwetter in Südtirol, Trentino und der Steiermark machen es schwierig, die europaweiten Erntemengen zu schätzen. Zudem sind die zu erwartenden Qualitäten unterschiedlich hinsichtlich äußeren Beschädigungen und Lagerfähigkeit.
Leicht bessere zurückliegende Vermarktungssaison 2016/17
In seinem Rückblick auf die abgelaufene Saison in Europa berichtete Philippe Binard von der WAPA von leicht besseren Marktbedingungen. Insbesondere in der 2. Saisonhälfte zogen die Preise nach dem Frost über alle Sorten hinweg an. Die La-ger wurden zurückhaltender abgebaut, in die nächste Saison werden Restbestände hinübergezogen, was angesichts der knappen Ernte kein Problem darstellen dürfte. Die Anbauflächen für Apfel sind europaweit leicht rückläufig. Dies wird aber durch höhere Produktivität ausgeglichen.
Sorgen bereitet der auch in diesem Jahr um minus 2-prozentige rückläufige Tafelapfelkonsum und die wegen politischer Instabilität und schlechten Wechselkursen schwächeren Exporte nach Nordafrika.
Verkauf älterer Sorten weiter schwierig
Das Russlandembargo drückt weiterhin trotz der verschiedenen alternativen Lieferkanäle in diese Richtung. Deutlich wahrnehmbar ist der schwierige Verkauf bei älteren Sorten, neben den alten Gärten in Osteuropa werden auch Golden und Jonagold zu Problemsorten, die Märkte fragen mehr nach Clubsorten und Ökologischem Anbau. Erstaunlich in 2016/17 auch die Preisentwicklung für Verarbeitungsware von 5 Euro/dt bei Marktdruck zur Ernte auf zuletzt 15 Euro/dt zu Saisonende.
Geringe Erntemengen im Ausblick
Für die anstehende Saison wird in der EU-28 mit 9,34 Mio. t die schwächste Ernte der letzten 10 Jahre erwartet, die um 2,4 Mio. t unter dem Vorjahr liegen soll. Das sind -21 Prozent gegenüber dem Vorjahr bzw. -19 Prozent unter dem 5-Jahresdurchschnitt. Die Rückgänge betreffen nahezu alle EU-Länder in unterschiedlichem Ausmaß. In der Menge hat der EU-weit mit Abstand größte Produzent Polen mit -1,2 Mio. t die stärksten Einbußen.
Deutschland besonders betroffen
Besonders einschneidend sind die Ausfälle auch in Deutschland und Belgien, Niederlande während von den stärkeren Nationen Spanien und Italien bisher noch glimpflich davongekommen sind. Allerdings sind die starken Hagelschläge im Südtiroler Unterland, Trentino und Nonstal in der letzten Woche in der Statistik noch nicht berücksichtigt.
Österreich hat prozentual eine kräftige Zunahme nach dem weitgehenden Ernte-ausfall letztes Jahr, liegt aber immer noch um 60 Prozent unter seinem früheren Produkti-onspotenzial. Die steirischen Obstbauern stehen somit weiterhin in einer harten Zeit. Noch heftiger ist die Situation in dem kleinen Anbaugebiet Slowenien. Einzig Portugal hat eine überdurchschnittliche Ernte. Im Hinblick auf die Sorten sind die Einbußen bei Golden, den Jonagoldvarietäten und Elstar sowie Braeburn am stärksten.
Preislich gute Marktaussichten
Vor dem Hintergrund dieser Ernteprognosen hatte es Helwig Schwartau von der AMI mit seinem Ausblick auf die kommende Saison nicht einfach. Bei niedriger Produktion erwarten die Erzeuger zurecht ein allgemein hohes Preisniveau. Die Aussichten sind prinzipiell gut, allerdings solle das Verkaufen nicht vergessen wer-den. Bei niedriger Eigenversorgung wird der deutsche Markt für Importe offen sein. Allerdings ist die Versorgung auf den heimischen Märkten in Italien, Belgien und Niederlande auch knapp und damit von dieser Seite weniger Druck zu erwarten. Positiv ist der etwas geringere Ausfall bei den preislich besseren Sorten Gala, Fuji, Clubsorten und Elstar.
Gewisse Unsicherheiten gehen von der Lagerfähigkeit, dem Verhalten der polni-schen Erzeuger und den in der 2. Saisonhälfte bei hohen Preisen zu erwartenden Importen aus der Südhemisphäre aus. Interessant wird dann die ausreichende Ver-sorgung, wenn die üblichen Sorten der 2. Saisonhälfte wie Golden und Jonagold knapp werden sollten.
Schwartau leitete aus den Marktverhältnissen der letzten schwachen Ernten 2010 und 2011 für die anstehende Saison ein um 20 bis 25 Prozent höheres Preisniveau zu 2010 her. Dies sollte dann etwa 30 Cent/kg über dem Niveau im vergangenen Jahr entsprechen. Für den deutschen Mostobstmarkt wurden wegen der europaweit äu-ßerst knappen Verfügbarkeit 19 bis 23 Cent/kg genannt. Für die Verarbeiter sprechend bemühte sich Herr Franz Ennser von der Austria Juice auf mögliche Probleme eines eventuell überhitzten Marktes und stärkeren Importen von Konzentrat in die EU hinzuweisen.
Schwierige Situation in Süddeutschland
Für Deutschland wurde erstmals keine detaillierte Aufteilung der Erntemengen auf die einzelnen Regionen genannt. Deutlich überdurchschnittlich sind die Einbußen am Bodensee insgesamt, aber auch die anderen Regionen werden schwache Ernten haben. Wenn der Situation in Baden-Württemberg etwas Positives abgewonnen werden kann, dann die Tatsachen, dass aufgrund der Frostereignisse nicht als Tafelware absetzbare Partien zu guten Preisen in die Verarbeitung gehen können und mit Ausnahme Elstar eher die preislich besseren Sorten wie z.B. Gala, Fuji und Pinova prozentual weniger Rückgänge haben. Gleichwohl ist die Situation für Erzeugung und Vermarktung schwierig. Neben den hart zu verschmerzenden Umsatzeinbußen muss Lieferfähigkeit und Präsenz an den Märkten gewahrt bleiben, um die verbleibende Ernte gut platzieren zu können und Kunden nicht zu verlieren.
Unterschiedliche Erntemengen außerhalb EU
Von den Produktionsgebieten außerhalb der EU hat die Türkei mit 3,3 Mio. t erneut eine Rekordernte und wird trotz hohem Eigenverbrauch in die Nachbarländer ex-portieren wollen. Weißrussland, Ukraine und vor allem Russland haben ebenfalls erhebliche Einbußen wegen des Frostes. In Nordamerika scheint es eine durchschnittliche Ernte zu geben. China meldet eine hinsichtlich Qualität und Verwendung schwer einschätzbare Produktion von 43 Mio. t und einen zunehmenden Ex-port besserer Qualitäten in die Nachbarländer. 72% der Produktion sind Fuji sowie 24 % Gala, die in Asien besonders beliebt sind.
Ökologische Produktion auf dem Vormarsch
Fritz Prem aus der Steiermark berichtete als Präsident des Europäischen Bioobstfo-rums (EBF) von weiterhin hervorragenden Vermarktungsbedingungen auf den Märkten für Ökoware. Im EBF sind Erzeuger aus Norditalien, Deutschland, Öster-reich und Benelux zusammen geschlossen mit etwa 60 Prozent Marktanteil. Die in der Anbaustatistik hohen Hektarzahlen von Polen sind vor allem den Förderkonditionen geschuldet, die bereits sehr niedrige Baumzahlen je ha als förderwürdigen Ökoanbau akzeptieren ohne dass größere Mengen erzeugt werden.
Entscheidend ist laut Prem die nach wie vor steigende Nachfrage nach Ökoobst auf den heimischen Märkten und gut organisierte Erzeuger. Die Vermarktungskapazitäten wurden in den letzten Jahren zu leistungsfähigen Einheiten ausgebaut. Verkäufe fänden häufig auf kurzem Wege von Erzeugergruppe an den Lebensmittelhandel mit besseren Anteilen an der Handelsmarge statt. Vertrauen auf allen Ebenen habe einen hohen Stellenwert. Voraussetzung sind gesicherte Herkunft mit Marke. Unsichere Quellen für Bioware beispielsweise aus Osteuropa tun sich schwerer.
Leider wird wegen der schlechten Witterung die Saison 2017 bei den Mitgliedern des EBF 118 Tsd t nach 151 Tsd. t im Vorjahr erneut eine deutlich zu geringere Ernte bringen. Mit dem erneuten Ausfall von Österreich und nun auch starkem Rück-gang in Deutschland wird der Öko-Markt im Wesentlichen von Italien (75 Tsd. t) und Deutschland (26 Tsd. t) bedient. Sehr gute Preise werden auch für Verarbeitungsware mit bis zu 50 €/dt erwartet. In der Folge werden zunehmend IP Anlagen schlecht bezahlender Tafelobstsorten in die Ökoverarbeitungsobstproduktion umgewandelt.
Clubsorten weiter im Kommen
Angesichts des zunehmenden Anteils (aktuell 10%) werden Clubsorten weiter erhebliches Potenzial im Markt zugestanden. Mit striktem Qualitätsmanagement und ansprechendem Marketing soll der allgemeine Apfel-Konsum wieder zulegen. Die Produktion an Pink Lady, Jazz und Kanzi in der EU erreichen inzwischen 260.000 t, 35.000 t bzw. 60.000 t. Die Frage nach der weiteren Ausdehnung und welche bzw. wie viele Sorten der Markt noch aufnehmen kann, bleibt weiter offen. Die europäischen Konsumenten sind bereit für Clubsorten mehr Geld auszugeben. Sicher scheint, dass Golden und Jonagoldsorten zunehmend zum Problem werden und reduziert werden sollten.
Besser Aussichten bei den Birnen
Deutlich optimistischer hinsichtlich Erntemengen aber auch möglicher Preise wird die Situation bei Birnen eingeschätzt. Die Flächen sind seit 2011 bzw. die Produktion seit 2013 stetig rückläufig. Für 2017 wird mit 2,15 Mio. t wieder eine um 1 Prozent niedrigere Ernte erwartet, die gut am europäischen Markt zu etwas höheren Preisen ab-gesetzt werden sollte. Wesentliche Einbußen hat die ohnehin zu schwache Produktion in Deutschland (-46%), Belgien (-7%) und Niederlande (-18%), während Italien sich erholt hat. Es werden mehr Abate und weniger Conference verfügbar sein. Der Konsum zeigt sich in den letzten Jahren stabil. Während sich in der zurückliegenden Saison die Exporte nach außerhalb der EU weiter verringert haben hat der Handel innerhalb der EU zugenommen.
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