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Baden-Württemberg

Starker Rückgang der Streuobstbestände

Jährlich gehen etwa 200.000 Streuobstbäume in Baden-Württemberg verloren, wie eine aktuelle landesweite Streuobsterfassung nun zeigt. Diese wurde durch die Universität Hohenheim im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg durchgeführt und im Dezember 2019 erstmals präsentiert.

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Ein Problem ist die rückläufige Pflege und Nutzung von Streuobstbäumen
Ein Problem ist die rückläufige Pflege und Nutzung von StreuobstbäumenWalz
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Der Verein Hochstamm Deutschland e.V., der sich bundesweit für den Erhalt von Streuobst einsetzt, zeigt sich alarmiert und ist bereit zu handeln. Seit Jahrzehnten nehmen die Streuobstbestände in Baden-Württemberg immer weiter ab. Nun jedoch zeigt eine landesweite Streuobsterfassung, wie beunruhigend die Rückgänge tatsächlich sind: Gegenüber der letzten Erhebung aus dem Jahr 2009 (Datengrundlage aus 2005), sind die Bestände um mehr als 20% zurück gegangen. Während 2009 noch gut 9,3 Millionen Streuobstbäume erfasst werden konnten, sind es laut der neuen Erfassung nun nur noch 7,1 Millionen. Geht man von durchschnittlich 70 Bäumen je Hektar Streuobstfläche aus, so ergibt dies eine landesweite Streuobstfläche von circa 100.000 Hektar.

Auch ein Blick in die zurückliegenden Jahrzehnte zeigt, dass dieser Trend ein fortlaufender ist: Gab es in den 1960er Jahren noch knapp 18 Millionen Streuobstbäume, so waren es in den 1990er Jahren bereits nur noch 10 Millionen. Im Mittel zeigt sich ein linearer Rückgang von 100.000 Bäumen pro Jahr in Baden-Württemberg. Die Erfassung wurde im Auftrag des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg von Prof. Dr.
Klaus Schmieder der Universität Hohenheim durchgeführt und die Ergebnisse erstmals im Dezember 2019 beim „Jahresgespräch Streuobst“ präsentiert, eine umfassende Veröffentlichung folgt. Ermittelt wurden die Bestände auf Grundlage von Luftbildern der Jahre 2012-2015 mittels automatisierten Fernerkundungsverfahren unter Nutzung von photogrammetrischen Luftbildern und LiDAR Daten.

„Wir sind sehr schockiert von diesen Zahlen und dem dramatischen Rückgang der Bestände“, sagt Martina Hörmann, Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins Hochstamm Deutschland e.V., dessen Ziel es ist, bundesweit zum Erhalt der Streuobst-Bestände beizutragen. Hörmann, die beim Jahresgespräch Streuobst ebenfalls als Expertin anwesend war, erklärt weiter: „Wir von Hochstamm Deutschland sehen das als Weckruf, uns noch intensiver um den Erhalt und die Weiterentwicklung von Streuobst zu kümmern. Denn die Streuobstbestände sind wertvolle Kulturlandschaft und wichtiger Lebensraum für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten.“

Schlüsselfaktoren für den Rückgang sei die zurückgehende Nutzung durch die Besitzer, für die sich die arbeits- und zeitintensive Pflege der Bäume sowie die Ernte und Verarbeitung des Obstes kaum mehr lohne, denn es fehle eine angemessene Wertschätzung für Streuobstprodukte. „Hier wollen wir von unserer Seite aus alles tun, um bei diesen Punkten neue Anreize zu setzen. Aktuell entwickeln wir ein Markenzeichen zur Kennzeichnung von Streuobstprodukten, um Transparenz zu schaffen und somit den Verbrauchern zu helfen, diese überaus nachhaltigen Produkte zu erkennen und durch den gezielten Kauf zum Schutz dieser vielfältigen Lebensräume beizutragen. Zudem haben wir im vergangenen Jahr stellvertretend für Akteure aus ganz Deutschland, einen Antrag zur Anerkennung von Streuobst als Immaterielles Kulturerbe bei der UNESCO gestellt und hoffen aktuell auf eine
Aufnahme in die deutsche Vorschlagsliste“. Die Antragstellung, so Hörmann, hätte bereits zu stärkerer Vernetzung und öffentlicher Wahrnehmung geführt, was ebenfalls die Wertschätzung unterstütze.

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  • User_MTUzNjQ3NQ 04.03.2020 13:30
    Nichts außer Kosten! Von unsererer Streuobstwiese hatte ich letztes Jahr nichts außer Kosten. Null Ertrag, alles erfroren und die paar Quitten, die ich hatte wurden gestohlen. Das ist ja fast normal, aber als ich nachträglich noch einen Steuerbescheid für meinen Einachser erhielt, den ich mit der grünen Nummer angemeldet hatte, reichte es mir. Nachdem ich dies an der zuständigen Stelle beim Hauptzollamt Ulm reklamiert hatte, bekam ich die Auskunft: weisen sie erst einen Ertrag nach! Ich zahle jetzt halt Steuer und mach so weiter, da ich natürlich Freude an meiner Baumwiese habe. Aber: meine Kinder führen dies so nicht mehr weiter und die Baumwiese wird bestimmt nicht mehr gepflegt. Dass ich keinen monetären Ertrag erziele, ist mir klar, aber ich sehe keine Zukunft für unsere Streuobstwiesen bei diesen Bedingungen. Bernhard Grau
  • User_MTQzMDI0 28.02.2020 09:25
    Hallo , ich bin ein Kleinbrenner aus Sinzheim bei Baden-Baden und pflege im Nebenerwerb unter anderem ca. 100 Streuobstbäume, welche seit Generationen im Familienbesitz sind. Bei uns im Dorf gab es bis vor einigen Jahren noch ca. 10 Brennereien, welche bis auf eine Brennerei mit Hausverkauf, den Alkohol über das Branntweinmonopol vermarktet hatten. Seit dem Fall des Monopols sind wir auf Händler angewiesen welche den Branntwein aufkaufen. Ich dachte das wird schon funktionieren, aber ich lag falsch! Kein Händler kauft Obstler, alle Läger seien voll, ich sitze auf bereits vorversteuererten 300 Ltr. Alkohol. Von den 10 Brennereien existieren aktuell noch 4 ! Tendenz weiter fallend! Die Bäume werden nicht mehr geschnitten, verbuschen, sterben langsam ab, die Grundstücke werden nicht mehr gepflegt, die so gerühmte Kulturlandschaft wird es in naher Zukunft nicht mehr geben! Wer mit offenenen Augen durch die Mittelbadener Landschaft fährt, sieht dass bereits mehr als 50% aller Streuobstbäume tot sind oder kurz davor stehen! Ohne Ertragsmöglichkeit überlebt kein Streuobstbaum! Wir Kleinbrenner waren die Letzten welche noch Interresse daran hatten die Bäume zu pflegen. Auch meine Kinder zeigen aufgrund der mangelnden Ertragsmöglichkeit keinerlei Interessse die Grundstücke weiter zu pflegen!. Somit bin ich der Nächste , der aufhört ! Und wieder sterben 100 Bäume und 2 ha Kulturlandschaft! Ich bin kein Zoll/Steuerfachmann, könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass man einen eigenen geringeren Hebesatz für "Streuobstalkohol" kreieren könnte, welcher dann das Brennen monetär wieder interessanter macht! MfG Hubert Deibel
    • Friedrich Springob 02.03.2020 07:56
      Vielen Dank für Ihren aufschlussreichen Kommentar, Herr Deibel. Wir als Redaktion bleiben dran, damit die Abfindungsbrennerei und auch die Streuobstwiesen eine Zukunft haben. Viele Grüße Friedrich Springob
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