Fruchtiges Fräulein mit Biss
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Die perfekte Apfelsorte, bei der alles passt, hat Dr. Ulrich Mayr noch nicht gefunden. Mehr als 600 Sorten hat der KOB-Mitarbeiter in seiner über 20-jährigen Arbeit als Sortenprüfer kommen und gehen sehen. Wenige haben sich durchgesetzt. Eine davon dürfte die von Obstbauer Gerd Sundermeyer gezüchtete Neuheit GS66 sein. Doch die Bezeichnung ist zwischenzeitlich passé. Denn unlängst hat das Deutsche Obstsorten Konsortium (DOSK), über das die Lizenzen vergeben werden, den Markennamen präsentiert: Fräulein soll sie nun heißen, verbunden mit dem Slogan „Die deutsche Apfelentdeckung“.
Eine Bezeichnung, die durchaus für Diskussionen sorgt, wie bei der Sortenverkostung in Bavendorf deutlich wurde. Nachdem diese offizielle Anrede aus dem deutschen Sprachgebrauch verbannt wurde, soll laut den Namensgebern mit Fräulein als Sortenbezeichnung die Tradition wieder aufleben. Die Bezeichnung stehe heute für eine neue Generation junger Frauen, die sich im Leben behaupten. Einer Werbestrategie, der mancher erst auf den zweiten Blick etwas abgewinnen kann. Vielleicht dann, wenn man an Pink Lady denkt, die Clubapfelsorte Nummer eins. Eine gewisse Parallelität der Begriffe drängt sich da auf, wie Mayr anmerkte.
Im nächsten Herbst am Markt
Noch gibt es das Fräulein am Markt aber nicht zu kaufen. Erste Ware wird für kommenden Herbst erwartet. Bis 2021 sollen mehr als eine Million Bäume gepflanzt sein. Die Sorte ist allerdings nicht einfach zu produzieren, warnte Mayr. Probleme bereitet die Blattgesundheit, die die Sorte von Honeycrisp als einem Elternteil geerbt hat. „Ohne Blattdünger geht‘s wohl nicht“, meinte er. Dafür bleiben die Früchte lange fest. Der Ertrag der großfrüchtigen Sorte passt, Alternanz wurde bislang nicht festgestellt und die Farbe kommt problemlos, wenn auch erst kurz vor der Ernte. „Der erste Biss in den Apfel ist was Besonderes, ein Geschmackserlebnis, das mit crunchy am besten zu bezeichnen ist“, berichtet der Sortenprüfer.
Aus der auf Honeycrisp basierenden Züchtungslinie erwartet Mayr noch eine Reihe weiterer Neuheiten, die alle diesen Crunchy-Geschmack aufweisen. Dazu zählt die Frühsorte Rave mit relativ großen Früchten. Ertraglich ist die Sorte gut, Riesenproblem ist aber ein extremer Vorerntefruchtfall, weshalb ein enger Pflücktakt bei der Ernte nötig ist. Evercrisp ist der Markenname der Sorte Maia1, die wie ein verwaschener Fuji aussieht, ähnlich wächst und auch kurz vor dieser Sorte reift. Die Ausfärbung ist gut, Problem bei dieser Sorte ist ebenfalls die Blattgesundheit. Eine weitere Honeycrisp-Kreuzung ist Snap Dragon. Die knallroten Früchte fallen etwas kleiner aus, der Baum wächst schwach, dafür sind die Blätter gesund. Die Früchte reifen etwa zehn Tage nach Gala. Mit Golden Delicious erntereif sind die Nummernsorte P34-Zin und auch P143-Zin, ein einfacher Baum mit gutem Blattzustand, dessen Früchte in der Kelchgrube hin und wieder berosten.
Rund 20 Neuheiten stehen bei rotfleischigen Apfelsorten in der Prüfung. Aus der Reihe Kissabel gibt es dabei die unterschiedlichsten Varianten: rotschalige-rotfleischige oder gelbschalig-rotfleischige Sorten. Kurz vor Braeburn reift die Nummernsorte CR60-2 R201. Sie hat einen hohen Zuckergehalt und ist schorfresistent. Ihr Aroma erinnert an Schwarze oder Rote Johannisbeeren. Die Rotfärbung des Fruchtfleisches ist gut, ein gewisses Problem kann Berostung sein. Eine zuverlässige Ausfärbung mit guter Fruchtfestigkeit und guten Erträgen bescheinigte Mayr zwei weiteren Nummernsorten (CR 57-11/y1010 und CR57-5/Y102), wobei letztere durch guten Geschmack besticht, aber oftmals ein eher pinkfarbenes statt rotes Fruchtfleisch zeigt.
Kaum resistente Sorten
Trotz vieler Neuheiten gibt es bei resistenten Sorten kaum Bewegung. Als schorfrobuste Neuheit, die zudem kaum anfällig für Regenflecken ist, stellte Mayr die Sorte Delcored vor, die Kisten füllt. Die großen, gut färbenden Früchte sind beduftet, der Baum ist problemlos. Ebenfalls ein Kistenfüller ist CPRO 037-Freya. Fruchtgröße und Farbsortierung der schorftoleranten Sorte, die nach der ersten Pflücke Elstar reift, sind okay. Nachteilig sind Lentizellenflecken und eine gewisse Krebsanfälligkeit. Schließlich wies Mayr noch auf die schorfresistente Sorte Kalei hin. Die sehr süßen Früchte sind fest, die Ausfärbung kein Problem. Ein Augenmerk ist wegen der Fruchtgröße auf die Ausdünnung zu richten.
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