Beginn der deutschen Mostobstsaison 2015
- Veröffentlicht am

„Uns rufen seit zwei Wochen vermehrt Kunden an, wann wir denn mit der Erfassung von Mostobst beginnen“, berichtet Mitte August eine Mitarbeiterin eines Fruchtsaftbetriebs im östlichen Württemberg. Die Mostobstbäume stehen in dieser Region zwischen 400 bis 500 m Höhe und werfen teilweise Äpfel und Birnen ab, die die Bewirtschafter nicht auf der Wiese verrotten lassen wollten. Grund für den ungewöhnlichen Fruchtfall ist die massive Trockenheit, wie Keltereien aus dem ganzen Land bestätigen.
Das frühe Obst ist bei den Mostereien im Südwesten eigentlich nicht so gern gesehen. Der Ware fehlt es Ende August an der gewünschten Süße und Säure. Dennoch wollen die Fruchtsaftbetriebe ihre Kunden nicht gleich wieder vergraulen. Im Herbst vergangenen Jahres gab es deutschlandweit mit geschätzt 800.000 Tonnen Mostobst eine riesige Ernte, auch in Baden-Württemberg. Doch das Obst kam häufig nicht in der Verarbeitung an, weil es nicht mehr aufgelesen wurde. Grund: Die niedrigen Preise von 3,50 bis 4,00 Euro je Doppelzentner (100 Kilogramm). Für die damalige Preismisere gab es viele Ursachen; eine wesentliche war der russische Importstopp. Wegen des Embargos bahnte sich das konkurrierende Tafelobst – eigentlich für Russland bestimmt – alle möglichen Absatzwege, auch in die Saftpresse.
Die russische Grenze ist für deutsche Lebensmittel immer noch dicht. Dennoch hat sich die Marktlage geändert. Ein Grund ist die für 2015 niedriger geschätzte, deutsche Mostobsternte von 450.000 Tonnen. Zudem pressten die Fruchtsaftbetriebe im vergangenen Herbst zu wenig, um ihre Tanklager für Apfeldirektsaft zu füllen. Gleichzeitig finden Verbraucher mehr Geschmack an wenig verarbeiteten Lebensmitteln und kaufen eben diese Direktsäfte. Alles zusammen ergibt eine attraktive Nachfrage für die Bewirtschafter von Streuobstwiesen. Das Signal, dass Mostäpfel und -birnen wieder gefragt sind, unterlegen die Keltereien im Land voraussichtlich mit den doppelten Preisen des vergangenen Jahres. Dem Vernehmen nach erzielt vertragsfreies Mostobst ab Saisonbeginn landesweit außerhalb der Region Bodensee etwa 8 € je Dezitonne einschließlich Mehrwertsteuer. Läuft es richtig gut, knackt reifes Kelterobst später im Jahr – wenn Öchsle und Säure stimmen – die 10-€-Marke.
Am Bodensee sind die Erzeugerpreise traditionell etwas höher, ohne dass bisher konkrete Angaben gemacht werden. Das Preisgefälle zwischen dem See und den übrigen Landesteilen wird mit größeren Erfassungsmengen, anderen Sorten sowie reifem und gesundem Obst begründet. Welche Mengen die Keltereien im Land tatsächlich erfassen werden, hängt von der Witterung in Süddeutschland und den Erntemengen in Ost- und Südeuropa ab. Die Schätzungen des Fruchthandelskongresses Prognosfruit Anfang August in Meran waren vor der großen Trockenheit erhoben worden. Ebenso offen ist, welchen Ertragszuwachs heimische Streuobstbäume noch erzielen. Für eine längerfristige Beurteilung der Mostobst- und Konzentratmärkte „ist es jetzt einfach noch zu früh“, sagt eine namhafte Marktkennerin aus dem Schwäbischen. Gleichzeitig legt sie Wert auf die Feststellung, dass die Startpreise „deutlich höher sind als vor einem Jahr“ und weiter steigende Preise im Herbst möglich sind.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.