Wo der Pfeffer wächst
Der Klimawandel war schneller: Forschende der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL haben in einer internationalen Studie die Verbreitungsgeschichte des Schwarzen Pfeffers über die letzten 21’000 Jahre rekonstruiert. Mit einem neuen Ansatz deckten sie unter anderem auf, dass die Pflanze nach der Eiszeit zu langsam wanderte, um alle geeigneten Gebiete zu besiedeln.
von idw/Beate Kittl erschienen am 10.12.2025„Geh doch hin, wo der Pfeffer wächst!“ Was das heisst, ist klar: Geh weit, weit weg. Aber wie weit genau? Heute könnte das bedeuten: nach Vietnam, Brasilien, Indonesien, Burkina Faso oder Indien. Die Wildform der Pfefferpflanze kommt allerdings nur in den Westghats vor – einem Gebirge im Südwesten Indiens. Und aus Indien kam im Mittelalter die wertvolle und wichtige Handelsware Pfeffer. Aus dieser Zeit stammen auch die ersten Erwähnungen des Ortes, wo der Pfeffer wächst.
Neuer Ansatz
Die Kletterpflanze, deren Früchte das Gewürz liefern und die wissenschaftlich Piper nigrum heisst, besiedelt in den Westghats immergrüne Wälder. Wie sich ihre Verbreitung seit dem Höhepunkt der letzten Eiszeit veränderte, hat der WSL-Biologe Michael Nobis nun gemeinsam mit Forschenden aus Indien und Japan mit einem neuen Ansatz untersucht.
Ein Teil des Teams analysierte das Erbgut wilder Pfefferpflanzen aus deren gesamten Verbreitungsgebiet auf Hinweise darauf, wie die Art gewandert sein dürfte und wo beispielsweise eine höhere genetische Vielfalt auf alte Siedlungsgebiete hinweist. Zunächst unabhängig von diesen populationsgenetischen Daten rekonstruierte Michael Nobis die Verbreitungsgeschichte des Pfeffers mit ‘KISSMig’, einem dynamischen Verbreitungsmodell, das er entwickelt hat. Dieses simulierte die frühere Verbreitung des Pfeffers auf Basis der heutigen Vorkommen sowie des Klimawandels seit der letzten Eiszeit. Die Resultate variierten jedoch, je nachdem, wie schnell die Art im Modell wandern konnte und welches Klima die Forschenden für sie als geeignet annahmen.
Dann koppelten die Forschenden beide Analysen: Sie integrierten die populationsgenetischen Daten in die Verbreitungsmodellierung. „Das ist nicht grundsätzlich neu“, teilt der Biologe mit. „Aber wir haben es zum ersten Mal mit KISSMig, einem sehr einfachen Modell probiert.“ Weil dieses – eben aufgrund seiner Einfachheit – sehr schnell rechnet, konnten sie eine grössere Anzahl unterschiedlicher Simulationen durchführen und die am besten mit den genetischen Daten übereinstimmende Modellvariante auswählen. „Diese Optimierung hat die Unsicherheiten bei der angenommenen Wandergeschwindigkeit und der Klimaeignung stark reduziert.“
Von Süden nach Norden
Mit dem kombinierten Ansatz konnten die Forschenden zeigen, dass die Pfefferpflanze nacheiszeitlich wahrscheinlich deutlich weiter verbreitet war als heute: Sie besiedelte damals ein zusammenhängendes Gebiet im Süden der Westghats einschliesslich der Küstenregionen. Im Norden des Gebirges fehlte sie zunächst – dort passten die klimatischen Bedingungen zunächst noch nicht.
Vor etwa 15.000 Jahren änderte sich das Klima sprunghaft und das potentielle Siedlungsgebiet vergrößerte sich rasch in Richtung Norden. Die Pflanze folgte ihm. Allerdings schaffte sie es nicht, das gesamte Gebiet zu nutzen - ihre tatsächliche Verbreitung „hinkte“ ihrem Potential hinterher. „Offenbar war die Klimaänderung damals schneller als die Wandergeschwindigkeit des Pfeffers“, erklärt Michael Nobis. In den letzten 5000 Jahren schließlich spaltete sich die Population in mehrere kleinere auf, die heute noch die Westghats besiedeln.


Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.