Nichts verkommen lassen
Wolfgang Behrendt, ein Milchviehhalter aus Rheinland-Pfalz, entwickelt eine Methode, Apfeltrester zu verwerten: Er stellt daraus Silage für seine Milchkühe her.
von Redaktion erschienen am 06.12.2025Die Weltbevölkerung nimmt ständig zu und die landwirtschaftlich genutzte Fläche wird stetig weniger. Behrendt plädiert deshalb dafür, die bestehenden Flächen besonders gut zu nutzen: „In den Realteilungsgebieten Südwestdeutschlands liegen immer mehr Wiesen und auch Streuobstwiesen brach. Die noch aktiven landwirtschaftlichen Betriebe nutzen dieses Grünland, soweit es die Maschinen zulassen. Der Rest bleibt sich selbst überlassen. Auf diesen Flächen werden im Sommerhalbjahr in Hölzern, Früchten und Gräsern große Mengen an organischem Kohlenstoff eingelagert und im Winterhalbjahr beim Verrotten der Erzeugnisse wieder als schädliches Klimagas an die Atmosphäre abgegeben.“
Ein Bestreben nach nachhaltigeren Praktiken und die "Trog-Teller-Diskussion" motivierten Wolfgang Behrendt, Apfeltrester als Futtermittel zu nutzen. Im Herbst nimmt der Hof etwa 40 Tonnen Apfeltrester aus Streuobstwiesen von einer Kelterei entgegen und siliert ihn frisch ein. Der Apfeltrester ersetzt Silomais im Verhältnis 1:1 in der Ration der Milchkühe. Jeden Tag entnimmt er ca. 20 kg Apfeltrester pro Kuh aus dem Silo. „Das ist eine wahre Freude, den Kühen beim Fressen zuzuschauen“, erklärt Behrendt. Seine Kühe lieben das Futter. Eigene Analysen auf dem Betrieb zeigen vergleichbare Nährwerte von Apfeltrester und Silomais: Silomais hat circa 7 % Rohprotein und 6,8 MJ NEL (Netto-Energie-Laktation), Apfeltrester 6 % Rohprotein und 7,0 MJ NEL. Apfeltrester wirkt sich zudem positiv auf die Milchinhaltsstoffe aus, insbesondere den Fettgehalt. Behrendt beobachtete einen Anstieg beim Milchfett um 0,25%, beim Milcheiweiß um 0,06 %.
Die Umstellung auf Apfeltrester bringt für Behrendt wirtschaftliche Vorteile. Die Anbaufläche für den Silomaisanbau reduziert sich auf dem Hof von Wolfgang Behrendt. Das spart direkte Kosten für Saatgut (230,00 €), Dünger (190,00 €), Pflanzenschutz (80,00 €), Bodenbearbeitung (150,00 €), Aussaat (70,00 €), Ernte (330,00 €) und Siliermittel plus Folie (120,00 €) pro Hektar. Diese Angaben sind Orientierungswerte. Die höhere Fettvergütung (0,9 ct/l) durch die Molkerei ab 2025 gleicht die Anschaffungskosten für den Apfeltrester aus. Die freiwerdenden Ackerflächen nutzt der Betrieb zudem für den Anbau von Brotgetreide und Kartoffeln. Das generiert zusätzliche positive Einnahmen.
Den Kreislauf schließen
Neben den wirtschaftlichen Vorteilen gibt es ökologische Gewinne. Der reduzierte Maisanbau minimiert Umweltkosten: den Verlust der Bodenfruchtbarkeit durch Wind- und Wassererosion, die irreparable Unterbodenverdichtung durch schwere Erntemaschinen sowie CO2-Emissionen von etwa 265 kg pro Hektar nur durch den Dieselverbrauch bei Anbau und Ernte. Außerdem bleiben Streuobstflächen erhalten. Ein lebendiger Baum bindet CO2. Er trägt durch Verdunstungsprozesse zur Kühlung und einem positiven Kleinklima bei. Humusproben zeigen: Grünland speichert eine höhere Menge an organischem Kohlenstoff im Boden (bis zu 8,58 kg/m² in den oberen 25 cm) im Vergleich zu Ackerland (5,8 kg/m²). Ein abgestorbener Baum lässt Holz im Boden verrotten, ein lebendiger Baum schützt es. Obstbäuerinnen und Obstbauern aus der Region nutzen den Stallmist der Kühe für die Düngung ihrer Obstbäume. Das schließt einen wichtigen Kreislauf auf dem Hof.
Wolfgang Behrendts Ansatz, Apfeltrester als Futtermittel zu nutzen, bietet sowohl Milchviehbetrieben als auch Streuobstakteuren große Vorteile. Er demonstriert, wie Betriebe Kosten sparen, Umweltbelastungen mindern und die Kreislaufwirtschaft stärken. Dieses Beispiel zeigt eindrücklich: Streuobst liefert weit mehr als Saft. Es schafft neue Wertschöpfungsketten und festigt den „Erhalt durch Nutzung“.


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