Eine alte Hülsenfrucht wird wiederentdeckt
Die wenig genutzte und fast vergessene Platterbse, eine der ältesten Kulturpflanzen, bietet zahlreiche Vorteile für eine nachhaltige Landwirtschaft und die Ernährungssicherheit.
von Red/Justus-Liebig-Universität Gießen erschienen am 18.05.2025Moderne Agrar-Lebensmittelsysteme erfordern Pflanzen, die gegen Klimaveränderungen resistent sind, eine nachhaltige Landwirtschaft sowie die Ernährungsvielfalt fördern und bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern ankommen.
Ein Forschungsteam der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU) hat im Rahmen des EU-Projekts BioValue am Beispiel der Platterbse untersucht, wie „vergessene“ Pflanzen zur Bewältigung dieser Herausforderungen genutzt werden können. Im Fokus standen europäische Agrar-Lebensmittel-Wertschöpfungsketten, insbesondere in Deutschland und Spanien. Die Fallstudie, die sie gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus Serbien, Spanien, Frankreich durchgeführt haben, ist in der Fachzeitschrift Sustainability erschienen.
Die Platterbse (Lathyrus sativus) ist eine Hülsenfrucht und eine der ältesten kultivierten Pflanzen. Heutzutage wird die Platterbse jedoch kaum noch angebaut und hauptsächlich als Futtermittel verwendet. Dabei bietet sie zahlreiche Vorteile für Landwirtschaft und Ernährungssicherheit: Sie kann sich an unterschiedliche klimatische Bedingungen anpassen und besitzt eine bemerkenswerte Toleranz sowohl gegenüber Trockenheit als auch gegenüber übermäßigen Niederschlägen. Dies macht sie zu einer widerstandsfähigen Kandidatin für Regionen mit unvorhersehbaren Witterungsmustern. Zudem bereichert sie Fruchtfolgen, was insbesondere für den ökologischen Landbau von Vorteil ist: Als stickstoffbindende Leguminose verbessert sie auf natürliche Weise die Bodenfruchtbarkeit, verringert die Abhängigkeit von synthetischen Düngemitteln und fördert umweltfreundliche landwirtschaftliche Praktiken.
Platterbsen in der Küche
Richtig verarbeitet kann sich die Platterbse zudem einen Platz in der innovativen, gesunden Küche erobern. Durch geeignete Züchtungsstrategien und Verarbeitungsmethoden ließen sich die vorteilhaften ernährungsphysiologischen Eigenschaften wie der hohe Proteingehalt und das Nährstoffprofil verbessern. Roh sollten die Samen der Platterbse nicht gegessen werden, da sie Inhaltsstoffe enthalten, die bei regelmäßigem Verzehr Nervenschäden verursachen können. Deshalb ist es wichtig, die Samen richtig zu verarbeiten: Methoden wie Einweichen, Fermentieren, Kochen, Rösten oder Keimen verbessern die Verträglichkeit und den Nährwert.
Die Platterbse eignet sich gut für die Entwicklung innovativer Produkte, die Trends in der modernen Küche entsprechen. Im Rahmen des Projekts BioValue wurden bereits zwei kulinarische Verwendungsmöglichkeiten für die Platterbse entwickelt: ein Eintopf aus Buchweizen, Platterbsen und Aubergine sowie Kräcker aus Platterbsensamen- und Kichererbsenmehl.
Das Potenzial nutzen
„Um das Potenzial dieser ‚vergessenen‘ Pflanze zu nutzen, sind angepasste Anbaumethoden und die Zusammenarbeit der Akteurinnen und Akteure in der gesamten Wertschöpfungskette erforderlich – vom Anbau bis zum fertigen Lebensmittel“, so die Erstautorin der Studie, Dr. Irina Solovieva, die an der JLU im Zentrum für Umwelt und Entwicklung (ZEU) und im Zentrum für Nachhaltige Ernährungssysteme (ZNE) forscht. „Zudem erweisen sich die kostengünstige Preisgestaltung von Produkten aus Platterbsen und die Kommunikation ihrer ernährungsphysiologischen, ökologischen und sozialen Vorteile als entscheidend.“
Finanziert wurde die Studie unter der Leitung der JLU durch das EU-Projekt BioValue (Fork-to-farm agent-based simulation tool augmenting BIOdiversity in the agri-food VALUE chain), das im Rahmen des Forschungs- und Innovationsprogramms Horizont 2020 der Europäischen Union unter der Finanzhilfevereinbarung Nr. 101000499 gefördert wurde.
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