Apfelsaison am Bodensee verspricht gute Ernte
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Mit Vertretern aus Politik, Berufsstand und Vermarktung wurde am Obstgroßmarkt Salem-Frucht die Bodensee-Apfelsaison eröffnet (siehe Foto, v. l.): Lothar Riebsamen (MdB), LVEO-Präsident Franz Josef Müller, Minister Peter Hauk, Apfelprinzessin Michaela Herz, Martin Hahn (MdL), Regionsvorsitzender Helmut Jäger sowie Rainer und Simon Wielatt. Trotz der Wetterkapriolen mit Frösten im Frühjahr und einem trockenen Spätsommer rechnen die Obstbauern am Bodensee mit 260.000 t Äpfeln. „Das ist eine ordentliche Ernte, leicht über dem Durchschnitt“, freute sich Helmut Jäger, Vorsitzender der Obstregion Bodensee. Mehr als üblich seien allerdings Frostschäden zu beklagen, was aber nur ein Schönheitsmangel sei. Weniger begeistert zeigte er sich über das Marktumfeld sowie politische Vorgaben. Zum einen nannte er das Russlandembargo als eine Ursache für die anhaltende Krise am Obstmarkt. Zum anderen beklagte er massive Wettbewerbsverzerrungen unter den EU-Produzenten, verursacht durch Mindestlohn, stetig wachsende Auflagen, Grünlandumbruchverbot und Einschränkungen beim Pflanzenschutz. Parallel dazu wächst der Marktdruck zusätzlich durch die deutliche Ausweitung der Produktion in Polen.
Hoffnungen setzt der Regionsvorsitzende daher auf den heimischen Markt mit dem anhaltenden Trend zu regionaler Ware. Auch der Verbraucher profitiere davon durch Qualität auf kurzen Wegen. „Regionalität hat sich zu einem Megatrend entwickelt, den es zu nutzen gilt“, pflichtete der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk bei. Äpfel seien das Lieblingsobst der Deutschen, doch der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch von 21 Kilo sollte noch angekurbelt werden.
Obstland Nummer eins
Mit einer Fläche von 21.000 Hektar sei Baden-Württemberg das Obstland Nummer eins in Deutschland. Lob gab es von Hauk für die Marke „Obst vom Bodensee“ mit ihrem guten Ruf über die Landesgrenzen hinweg. „Wertschöpfung kann zwar durch den Ab-Hof-Verkauf verbessert werden, doch wer vom Lebensmitteleinzelhandel nicht gelistet ist, ist am Ende weg vom Markt“, meinte der Minister mit dem Verweis auf die gute Zusammenarbeit von Erzeugung und Vermarktung am Bodensee. Wenig Hoffnung machte er dagegen in punkto Russlandembargo, nachdem die Sanktionen erst vor kurzem verlängert wurden. Erste Schritte seien dagegen auf dem Weg zur steuerfreien Risikoausgleichsrücklage gemacht mit einer Möglichkeit zur Gewinnglättung.
Kritik an den Knebelpreisen des Handels übte Franz Josef Müller, der Präsident des Landesverbandes Erwerbsobstbau. „Wenn er Qualitätsstandards verlangt, muss er dies auch bezahlen. Dann ist der Mindestlohn für uns kein Problem“, unterstrich er. Mit Blick auf die neu strukturierte Modulberatung im Land monierte er einen zu hohen Bürokratieaufwand zur Dokumentation. Von der Politik forderte er Unterstützung bei der Suche nach neuen Märkten.
Einer Forderung, der sich sowohl Jürgen Nüssle, Geschäftsführer der Württembergischen Obstgenossenschaft (WOG) sowie Rainer Wielatt, Geschäftsführer der Salem-Frucht und Inhaber des Obstgroßmarktes Beuren, anschlossen. Nüssle sprach von einer großen Herausforderung für die Vermarktung angesichts einer erneuten EU-Ernte von über zwölf Millionen Tonnen. Dabei beklagte er einen Exportrückgang in der EU um zehn Prozent in der vergangenen Saison auf 1,55 Millionen Tonnen.
Zur erfolgreichen Vermarktung der zweitgrößten deutschen Ernte in den letzten sieben Jahren forderte er zu strikterem Qualitätsbewusstsein bundesweit auf, um den rückläufigen Inlandskonsum zu stoppen. Chancen böten hier die Clubsorten. Als Pluspunkt für die Erzeuger am Bodensee nannte er ferner das geschlossenere Vermarktungssystem, das weniger Anlass zum Preiskampf gebe.
Nachteile im Wettbewerb
Ungleiche Förderung in der EU und Wettbewerbsnachteile durch einen unterschiedlichen Mindestlohn machte Wielatt als Ursache für die derzeitige Schieflage beim Handel mit deutschem Obst aus. Folge war ein eklatanter Preisverfall verbunden mit einem massiven Exportrückgang. „Russische Kunden können wir nicht mehr bedienen, der Brexit macht wohl den britischen Markt schwieriger und in Griechenland wird polnisches Obst zu Dumpingpreisen angeboten“, monierte er. Große Chancen sieht Wielatt im ostasiatischen Raum, doch dazu müsse die Politik die Wege öffnen.
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