Zum Teil stärkere Mobilisierung giftiger Metalle
Durch den Klimawandel könnten giftige Metalle in Böden stärker als bisher mobilisiert werden. Dieses Risiko besteht vor allem für leicht saure Böden.
von Christfried Dornis/Eberhard Karls Universität Tübingen/Red erschienen am 05.11.2024
Ein Team der Universität Tübingen und des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) hat die Wirkung steigender Temperaturen und Kohlendioxidgehalte der Luft auf die Landwirtschaft untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass durch die zu erwartenden Klimaveränderungen die natürlicherweise in Böden vorkommenden giftigen Metalle nicht nur mobiler werden, sondern auch Ökosysteme destabilisieren und über die Landwirtschaft verstärkt in die menschliche Nahrungskette gelangen könnten. Solche Szenarien ergeben sich vor allem bei leicht sauren Böden, was bei rund zwei Drittel aller Böden der Fall ist.
In der experimentellen Studie wurden landwirtschaftlich genutzte Böden auf das krebserregende Cadmium untersucht. Sie stand unter der Leitung von Juniorprofessorin Marie Muehe aus der Pflanzen-Biogeochemie der Universität Tübingen und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ). Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Communications Earth and Environment veröffentlicht.
Gestresste Mikroorganismen
Bis zum Jahr 2100 wird ein weltweiter Temperaturanstieg von zwei bis vier Grad gegenüber dem vorindustriellen Niveau prognostiziert, begleitet von einer Verdoppelung des heutigen Kohlendioxidgehalts der Atmosphäre. Die Niederschlagsmengen könnten in Deutschland etwas zurückgehen. „Der Klimawandel und Metalle versetzen die Mikroorganismen im Boden […] unabhängig voneinander in Stress. Wir wollten nun die bisher wenig bekannten kombinierten Effekte dieser Einflüsse untersuchen“, berichtet Marie Muehe.
Giftige Metalle gebe es in jedem Boden auf unserer Erde, sagt die Forscherin, doch spielten sie in gebundener Form kaum eine Rolle für die Bodenlebewesen und den Pflanzenanbau. Anders sei es, wenn die Metalle mobilisiert werden. „In unserer Studie haben wir das Paradebeispiel eines giftigen, im Boden vorkommenden Metalls untersucht, das Cadmium“, sagt sie. Cadmium wirke auf alle Lebewesen giftig, weil es physiologische Prozesse in den Zellen hemmt.
Risiko vor allem für leicht saure Böden
Im Experiment hat das Forschungsteam Säulen mit landwirtschaftlich genutzten Böden gefüllt, die von verschiedenen Betrieben zur Verfügung gestellt wurden. „Wir haben diese Böden im Labor eine reguläre Wachstumsperiode in Deutschland durchlaufen lassen, aber unter den angenommenen Klimabedingungen des Jahres 2100“, erklärt der Erstautor der Studie Sören Drabesch von der Universität Tübingen und dem UFZ. „Die Änderungen des Bodens und Bodenmikrobioms wurden zeitlich aufgelöst untersucht.“
Das Ergebnis: Die Mobilität des im Boden vorhandenen Cadmiums nimmt unter den künftigen Klimabedingungen bei sommerlichen Temperaturen in leicht sauren Böden gegenüber heutigen Bedingungen um etwa 40 Prozent zu. „Es ist dann in höheren Konzentrationen im Porenwasser des Bodens zu finden und beeinflusst das Bodenmikrobiom, beziehungsweise das Aktivitätsmuster verschiedener Mikroorganismen“, sagt Drabesch. „Bestimmte Mikroorganismen werden aktiver, verwerten mehr Stickstoff und versauern das Bodenmilieu dadurch weiter.“ In manchen Böden steigen die Cadmiumwerte so stark, dass das Bodenmikrobiom darunter leidet und das Ökosystem seine Funktionsweise anpassen muss.
Hingegen hätten sich bei ursprünglich leicht alkalischen Böden keine vergleichbaren Probleme gezeigt. Dort sei auch unter veränderten Klimabedingungen das Cadmium nicht stärker mobilisiert worden.
Die Studie zeige, wie komplex die Wechselwirkungen zwischen dem Klimawandel, den Stoffen im Boden und den Bodenmikrobiomen seien, sagt Muehe. „Die Ökosysteme, eben auch die landwirtschaftlichen Ökosysteme, könnten in Zukunft massiv durch erhöhte Mengen an mobilem Cadmium gestört werden. Dadurch könnten sich auch die durch die Landwirtschaft entstehenden Treibhausgasemissionen ändern und das mobile Cadmium in Nutzpflanzen gelangen, was dann gesundheitsschädlich für den Menschen sein könnte.“ Diese Entwicklungen müssten weiter beobachtet werden.
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