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Macht Schadpilze für Pflanzen „sichtbar“

Neues, unschädliches Bio-Fungizid

Viele Fungizide sind schädlich für die Gesundheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und die Mikrobengemeinschaften im Boden. Das Projekt Bio-Fun will ein Biofungizid entwickeln, das keine schädlichen Nebenwirkungen mehr hat. Das könnte die Landwirtschaft nachhaltiger und die Agrarlandschaften artenreicher machen.

von Redaktion/Pflanzenforschung.de erschienen am 13.06.2024
© LS92/Shutterstock.com
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Chitin ist ein wichtiger Bestandteil der Zellwand von Pilzen. Weil es so wichtig ist und in wirklich jedem Pilz vorkommt, dient es als Signalmolekül für das menschliche und pflanzliche Immunsystem. Die Immunzellen erkennen Eindringlinge anhand des Chitins und setzen Abwehrmechanismen in Gang.

„Die Umwandlung von Chitin in Chitosan wirkt wie ein Unsichtbarkeits-Umhang für die Krankheitserreger“ Prof. Bruno Moerschbacher

Für’s Immunsystem unsichtbare Pilze

Manche Schadpilze haben jedoch einen genialen Weg gefunden, sich vor dem Immunsystem zu verstecken. Sie wandeln Chitin mithilfe der Chitin-Deacetylase in Chitosan um. „Die Umwandlung von Chitin in Chitosan wirkt wie ein Unsichtbarkeits-Umhang für die Krankheitserreger“, sagt Bruno Moerschbacher. Er ist Professor an der Universität Münster und forscht schon lange zu Chitin und Chitosan.

In Diskussionen mit seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Ratna Singh kam die Idee auf, neue Fungizide zu entwickeln, die genau an diesem Punkt ansetzen. Aus der Idee ist ein Projekt entstanden – mit dem Ziel, Moleküle zu designen, die das Enzym Chitin-Deacetylase hemmen. Chitin kann dann nicht mehr zu Chitosan umgewandelt werden und das pflanzliche (und menschliche) Immunsystem kann die krankmachenden Pilze erkennen. Besonders wichtig ist dabei, dass der Hemmer ganz gezielt nur die anvisierten pilzlichen Enzyme blockiert – ohne Nebenwirkungen auf ähnliche Enzyme in der Pflanze oder im Menschen.

Die Projektpartner

Dr. Singh ist Bioinformatikerin an der Westfälischen-Wilhelms-Universität, Münster, Prof. Moerschbacher (Projektkoordinator) Biochemiker an derselben Universität. Das Team wurde ergänzt durch zwei Zuckerchemiker der Universität Hyderabad in Indien: Prof. Dr. Perali Ramu Sridhar und Prof. Dr. Rengarajan Balamurugan.

Suche nach passenden Molekülen

Zunächst hat Ratna Singh große Datenbanken durchforstet, um herauszufinden, ob es vielleicht bereits Naturstoffe gibt, die perfekt an die Chitin-Deacetylase binden. „Leider waren die wenigen Stoffe, die sehr gut gebunden haben, entweder nicht käuflich zu erwerben oder die Bindung war zu instabil“, erzählt Singh.

Als Nächstes scannte sie über 100.000 am Computer designte Moleküle, die als Chitin-Analoga infrage kommen und hatte Glück. Der Computer sagte voraus, dass einige der Moleküle nahezu perfekt geeignet wären, die Chitin-Deacetylase zu blockieren – eines davon stach mit einer voraussichtlich besonders stabilen Bindung heraus.

Bisher fand die gesamte Arbeit nur am Computer statt. Jetzt ging es zum ersten Mal ins Labor. Zunächst wurde die hemmende Wirkung der ausgewählten Moleküle in Experimenten überprüft. Die indischen Chemiker veränderten dann das aktivste Molekül durch Kopplung mit einer Zucker-Gruppe. Die zusätzliche Zucker-Gruppe sorgt dafür, dass das Molekül nicht aus Versehen an ähnlich aussehende Enzyme im menschlichen Körper oder in Pflanzen bindet.

Der Beginn eines neuen Pilzmittels?

Jetzt geht es darum, auch außerhalb des Labors zu zeigen, ob die Vorhersagen des Computers stimmen und die Labortests zuverlässig auf die Wirkung in ganzen Pflanzen übertragbar sind. Dafür müssen Singh und ihre Mitarbeiterinnen Tests an lebenden, infizierten Pflanzen durchführen. Denn wenn Pilze auf festem oder in flüssigem Nährmedium im Labor wachsen, produzieren sie kein Chitosan. „Dort müssen sie sich nicht verstecken“, erklärt Moerschbacher.

Wenn die Versuche erfolgreich verlaufen, wollen sie ein Patent auf ihr neues Bio-Fungizid anmelden und hoffen, es eines Tages als Pflanzenschutzmittel auf dem Markt zu sehen.

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