Kirschessigfliege im Beerenobstanbau
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1. Populations- und Befallsfördernde Bedingungen
Bedingungen, die nach bisherigem Kenntnisstand attraktiv für die Kirschessigfliegen sind und die Eiablage fördern:
• Schattige, feuchte und dichte Bestände
• Hoher Unterwuchs
• Beschädigte Früchte durch Hagel, Vogel- oder Wespenfraß sowie Fäulnis und damit Anlockung der Fliegen
• Nähe zu Wald, Hecken und reich strukturierter Umgebung
• Reife bis überreife Früchte durch verzögerte oder abgebrochene Ernte
• Feucht-warme Witterung (Temperaturen < 30 °C, hohe Luftfeuchte)
2. Besonders gefährdete Beerenobstkulturen
Hoch anfällig:
• Sommer-Himbeeren
• Herbst-Himbeeren
• Brombeeren
• Holunder
• Heidelbeeren
• Spät kultivierte Erdbeeren (z. B. remontierende)
Anfällig:
• Erdbeeren (Frühjahrskultur)
• Rote Johannisbeeren
• Weiße Johannisbeeren
• Schwarze Johannisbeeren
Bisher kein Befall:
• Stachelbeeren
3. Vorbeugende und schadensmindernde Maßnahmen
• Einnetzungen mit Maschenweiten von max. 1 mm² (z. B. 0,8 x 0,8 mm, 1,0 x 0,8 mm etc.)
• bei mehrfacher Beerntung enge Ernteabfolge: Pflückintervalle von 2 bis max. 3 Tagen
• vollständige Ernte der vermarktungsfähigen Ware direkt nach Ablauf der Wartezeit der eingesetzten Pflanzenschutzmittel
• rasche Kühlung und Vermarktung
• Strenge Hygiene: Entfernen von nicht marktfähigen Früchten sowie Fallobst (Entsorgung z. B. durch Einlagern in Maischefässer, großflächiges Einarbeiten von maximal 1m³ Früchte auf 1.000 m²)
• Mulchstreifen kurz halten
• Fruchtverletzungen vermeiden
Der Massenfang kann allenfalls eine ergänzende Maßnahme darstellen. Eine wirksame Bekämpfung ist damit nicht möglich.
Mit dieser Methode könnte lediglich der Befallsanstieg verzögert werden.
4. Fallenmonitoring
Das Monitoring mit Essigfallen gibt einen lokalen Hinweis auf das Auftreten der Kirschessigfliege in einzelnen Anlagen und Saumstrukturen und ermöglicht, den Populationsaufbau nach der Winterpause abzuschätzen. Die Fallen sollten sowohl im Umfeld (z. B. Hecken oder Waldränder) als auch in die Anlagen selbst gehängt werden. Die Fangzahlen sind mit den verfügbaren Fangflüssigkeiten kein ausreichendes Kriterium für eine Abschätzung des Befalls in den Früchten. Die Fallen können leicht selbst gebaut werden. Geeignet sind durchsichtige PET-Flaschen (0,5 l) oder 0,5-l-Plastikbecher mit Deckel, die im oberen Drittel im Abstand von ca. 1 cm mit 2 mm großen Löchern versehen sind. Zum besseren Ausgießen der Fangflüssigkeit zur Fliegenkontrolle und zum Wechsel der Flüssigkeit sollte ca. 1/4 des Gefäßumfangs ohne Löcher sein. Als Fangflüssigkeit (Becher ca. 3 cm hoch befüllt) können z. B. Gemische aus naturtrüben Apfelessig und Wasser (Verhältnis 1:1) oder naturtrüben Apfelessig und Rotwein (Verhältnis 2:3) mit ca. 1 Tropfen Spülmittel auf 2 l verwendet werden. Eine Anleitung zum Fallenbau findet sich z. B. auf der Homepage des Staalichen Weinbauinstituts (www.wbi-freiburg.de). Beispiele für aktuelle Fallenfänge sind zu finden unter: www.vitimeteo.de/monitoring/fallenfaenge.shtml.
5. Kontrollen auf Eiablage und Larvenbesatz
Ab Flugbeginn der Kirschessigfliege (vgl. Punkt 4) sollten insbesondere in Parzellen/Sorten einschließlich deren Randbereichen, die in den Vorjahren befallen waren, Fruchtkontrollen zur Eiablage durchgeführt werden. Ab Farbumschlag sollten wöchentlich 50 gesunde Beeren pro Parzelle entweder auf Eiablage oder Larvenbesatz kontrolliert werden. Die Proben sind bevorzugt aus solchen Bereichen zu ziehen, die besonders stark befallen werden, wie Ränder der Anlagen oder beschattete, feuchte Zonen.
• Eiablage: Die Eier sind anhand ihrer weißen Atemschläuche mit Hilfe einer Lupe ab 10-facher Vergrößerung erkennbar.
• Larvenbesatz: Einlegen der Früchte in handwarmes Wasser:
– 10 %iges Salzwasser mind. 1 h (Larven schwimmen oben)
– oder Leitungswasser mind. 2 h (Larven liegen am Gefäßboden)
6. Direkte Maßnahmen
Bei vorhandener Eiablage sind ggf. chemische Bekämpfungsmaßnahmen erforderlich. Dabei sollten insbesondere die oben angegebenen Beerenobstkulturen und die genannten Risikofaktoren beachtet werden. Fäulnis allein ist kein eindeutiger Hinweis auf Befall mit Kirschessigfliege. Auch nach einer Pflanzenschutzmittelapplikation sind weitere Kontrollen erforderlich, um über mögliche Folgemaßnahmen zu entscheiden. Vorbeugende Behandlungen und Maßnahmen nach der Ernte sind nach derzeitigem Kenntnisstand wirkungslos. Nur zugelassene Produkte dürfen verwendet werden. Aufgrund von Resistenzgefährdung sollten die Mittel entsprechend den Hinweisen der amtlichen Beratung zum Wechsel der Wirkstoffe eingesetzt werden. Besonders zu beachten ist die Auflage NN 410 (Schutz blütenbesuchender Insekten) sowie die Bienengefährlichkeiteinzelner Mittel.
Hinweis zum Bienenschutz: Nach der Bienenschutzverordnung vom 22. Juli 1992 (BGBl. I. S.1410) in Verbindung mit der Fassung vom 27.06.2013 dürfen Pflanzenschutzmittel mit der Einstufung B1 (bienengefährlich) weder an blühenden Pflanzen noch an von Bienen beflogenen nicht blühenden Pflanzen angewendet werden. Honigtau, beschädigte Früchte und attraktive Fruchtsäfte in den Obstanlagen sind generell als Warnsignal zu werten, selbst wenn momentan kein Bienenflug beobachtet werden kann. Die Ausbringung von B1-Präparaten sollte auch in diesen Fällen unterbleiben. Aktuelle Informationen über die Anwendung der genannten Insektizide sowie deren Anwendungszeiträume entnehmen Sie bitte den amtlichen Warndiensten von Baden-Württemberg.
Hinweise zu den zugelassenen Pflanzenschutzmitteln finden Sie im angehängten PDF.
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