Sortenerhaltungszentrale am KOB Bavendorf: Hüter der alten Schätze
Es sind klingende Namen wie ‘Josef Musch’, ‘Geflammter Kardinal’ oder ‘Königlicher Kurzstiel’, die in Reih’ und Glied in der Anlage stehen. „Auf 1 ha finden Sie hier rund 200 alte Apfel- und 70 Birnensorten“, erklärt Dr. Ulrich Mayr, der am Kompetenzzentrum Obstbau- Bodensee (KOB) in Bavendorf die Sortenerhaltungszentrale betreut, deren Einrichtung der LOGL mit initiiert hat.
- Veröffentlicht am
Die Zentrale ist seit 2006 als dauerhafte Einrichtung des Landes Baden-Württemberg am KOB etabliert und soll neben der Erhaltung auch für die eindeutige Sortenbestimmung sorgen. Dazu werden die Gehölze und Reiser oft über Jahre hinweg beobachtet. „Wenn ein Apfelkern in den Boden gesteckt wird, kommt nicht die Sorte heraus, von der er stammt, sondern eine neue Sorte. Wir wissen ja nicht, wo die Biene vorher war“, beschreibt Mayr schmunzelnd. Erschwerend kommt hinzu, dass es bei Äpfeln keinen eindeutigen Bestimmungsschlüssel gibt. So ist die Bestimmung eine aufwendige Mischung aus Literaturrecherche, Erfahrung von Pomologen und Vergleichen mit anderen Sorten. Nach der phänotypischen Einordnung erfolgt dann die Identifizierung von Apfel- und Birnensorten mit einem genetischen DNA-Fingerprinting. Dazu wird die DNA einer unbekannten Sorte mit den Sorten verglichen, die bereits in einer Datenbank hinterlegt sind. Gibt es keine Übereinstimmung, handelt es sich um eine „neue“ alte Sorte, die weiter phänotypisch überprüft und bestimmt werden muss. Seit 2009 gibt es dazu die Deutsche Genbank Obst, mit der die Sortenerhaltungszentrale eng zusammenarbeitet. Beim Abgleich mit der Datenbank wird immer wieder festgestellt, dass ein und dieselbe Sorte unterschiedliche Namen hat. So heißt z.B. die ‘Gewürzluike’ in Norddeutschland ‘Kolonistenapfel’. Oberschwäbische Arbeiter waren im 18. Jahrhundert zum Dammbau in den Norden abkommandiert. Dort hießen sie Kolonisten. So kam der Apfel, den sie mitbrachten, zu seinem Namen. Bei Obst kann der Samen nicht eingefroren werden, um ihn zu erhalten. Der ganze Baum muss gepflegt werden. Im Erhaltungsgarten am KOB stehen nur Sorten, die einen soziokulturellen Hintergrund in Deutschland haben. Liebhaber können davon Reiser kaufen. Seit 2009 werden jährlich 2 bis 3 der alten Sorten in ein aktuelles Züchtungsprogramm aufgenommen, beispielsweise um Resistenzen oder den Geschmack auf neue Sorten zu übertragen. Ein weiteres Projekt des KOB trägt derzeit zur Verbreitung der alten Sorten bei: Die Landkreise haben für bis zu drei Sorten Patenschaften übernommen (siehe O&G 9/2015, S. 354). LOGL und LVEO unterstützen als Stifungs-Vorstandsmitglieder das KOB finanziell.
Info: www.kob-bavendorf.de/Streuobst oder www.Deutsche-Genbank-Obst.de
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.