Frosttolerante Walderdbeere
Mit dem Klimawandel häufen sich Spätfröste. Sie können unseren Nutzpflanzen schaden, beispielsweise Erdbeeren. Wildarten wie die Walderdbeere weisen dagegen oft eine höhere Resilienz gegen Spätfrost auf. Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und Partner haben die Kältereaktionen von Walderdbeeren entschlüsselt, um so resistentere Züchtungen zu ermöglichen.
von Karlsruher Institut für Technologie erschienen am 21.11.2024 DOI: 10.1093/jxb/erae263Nutzpflanzen wurden in der Vergangenheit primär gezüchtet, um den Ertrag zu steigern – auf Kosten ihrer Widerstandsfähigkeit. „Durch den Klimawandel fällt es selbst der modernen Landwirtschaft immer schwerer, die fehlende Widerstandsfähigkeit der Nutzpflanzen durch Düngung und Feldpflege aufzufangen“, sagt Professor Peter Nick vom Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften des KIT. „Wildpflanzen und deren Resilienzgene werden für die Landwirtschaft deshalb immer wichtiger.“
Sein Team untersuchte die Kälteresistenz von Walderdbeeren (Fragaria vesca) und schaffte damit die Voraussetzung für zukünftige, resilientere Züchtungen. Dazu nutzten die Forschenden die Genbank Südwest im Netzwerk „Wildpflanzen mit Nutzungspotenzial für Ernährung und Landwirtschaft“.
Ursachen für Widerstandskraft entschlüsselt
Über eine vergleichende Studie haben die Wissenschaftler zunächst kältetolerante und -empfindliche Genotypen von Walderdbeeren identifiziert. Das Paar von Genotypen, die hinsichtlich ihrer Kälteempfindlichkeit gegensätzlich sind, machte es möglich, Prozesse zu erkennen, die mit Kältetoleranz zusammenhängen.
„Wir konnten spezifische Unterschiede im Umgang mit Kältestress beobachten“, so Nick. Zum einen seien dies Unterschiede, die bereits vor dem Kältestress zu beobachten sind. „Gewisse kälteregulierte Gene werden im kältetoleranten Genotyp viel stärker ausgelesen. Diese sorgen für die Produktion von Proteinen, die als zelleigenes Frostschutzmittel wirken und die Membran vor Gefrierschäden schützen“, erläutert der Botaniker.
Zum anderen gebe es aber auch Unterschiede, die erst durch den Kältestress verursacht werden. Dieser sei für die Pflanze zunächst nicht mehr als ein physikalisches Signal, erläutert Nick: „Durch die Kälte wird die Membran der Pflanzenzelle steifer, was Auswirkungen auf Transportvorgänge und Enzymaktivität hat.“ Dieses physikalische Signal müsse anschließend effektiv in ein chemisches Signal umgewandelt werden und den Zellkern erreichen. „Wir haben nun Gene identifiziert, die bei dieser Kältesignalkaskade besondere Bedeutung haben und für die erfolgreiche Reaktion der robusten Walderdbeere sorgen“, so Nick.
Chance auf frosttolerantere Kulturerdbeeren
In Zukunft können wir auf Basis dieser Ergebnisse Kulturerdbeeren züchten, die beispielsweise das Frostschutz-Protein verstärkt bilden. Professor Peter Nick
Für die Landwirtschaft seien die Erkenntnisse der Studie von großem Wert. „In Zukunft können wir auf Basis dieser Ergebnisse Kulturerdbeeren züchten, die beispielsweise das Frostschutz-Protein verstärkt bilden. Dafür müssen wir keine Gentechnik hinzuziehen, sondern können auf natürliche Weise kreuzen. Auf Basis unseres molekularen Wissens können wir sehr schnell die dafür passenden Individuen aussuchen.“ Für Nick zeigt die Studie darüber hinaus die Bedeutung von Genbanken: „Das Beispiel der Walderdbeere zeigt, dass wir die Landwirtschaft durch die Analyse von Wildarten zukünftig nachhaltiger und resilienter gestalten können.“
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